Prozess um Terror-Verdacht in Justizanstalt endet mit Freispruch

Eine Außenaufnahme des St. Pöltner Landesgerichts an einem wolkigen Herbsttag.
Ein einschlägig vorbestrafter Mann stand wegen des Verdachts auf terroristische Vereinigung und kriminelle Organisation vor Gericht.

Am Montagmorgen saß ein junger Mann auf der Anklagebank im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts St. Pölten. Dem 21-Jährigen wurde vorgeworfen, sich Ende 2024 bis Anfang 2025 in der Justizanstalt St. Pölten der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation schuldig gemacht zu haben. Der Nordmazedonier war zuvor bereits mehrmals wegen propagandistischer Tätigkeiten für den Islamischen Staat vor Gericht gestanden und zuletzt zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden, nachdem er unter anderem Jugendliche um sich geschart hatte, um sie für die Terrororganisation zu gewinnen.

Im Falle der heutigen Verhandlung wurde der Nordmazedonier vorwiegend von einem etwa 60-jährigen Mithäftling belastet. Die beiden Männer hatten einige Wochen zusammen in einer Bibliothek gearbeitet und sich eine Nacht lang in der Justizanstalt St. Pölten ein Zimmer geteilt. In diesem Zusammenhang wollte der Mann aus Belgien ein der IS-Flagge nachempfundenes Banner gesehen haben, das der 21-Jährige gezeichnet haben soll. Darüber hinaus soll der Nordmazedonier laut Anklage gegenüber weiteren Mithäftlingen subtil den Islamischen Staat propagiert und so dazu beigetragen haben, die Ideologie weiter zu verbreiten. Zwei weitere Häftlinge hatten in Gesprächen mit der Polizei ebenfalls gegen den 21-Jährigen ausgesagt.

Der Angeklagte selbst bestritt die Taten. Um sich vor Verleumdungen zu schützen, habe er den Grund seiner Haftstrafe gegenüber anderen Insassen verschwiegen. Gespräche über den Islam oder die Hamas seien von anderen Häftlingen ausgegangen. Der Angeklagte stehe zu seiner Religion und habe Verse aus dem Koran auf seiner Wand angebracht, um sich wohler zu fühlen. Es soll sich jedoch um Gebetszeichen, nicht um Propagandamaterial des IS gehandelt. Eine IS-ähnliche Flagge habe es laut dem Nordmazedonier nie gegeben.

Abweichungen bei Zeugenaussagen

Die Zeugenaussage des Belgiers bleibt hingegen vage. Gespräche mit dem Angeklagten konnte er vor Gericht zeitlich nicht genau einordnen. Während seiner Schilderungen kam er mehrmals auf seine negativen Gefühle gegenüber des Angeklagten zu sprechen. Beispiele für propagandistische Aussagen des Angeklagten in seiner Gegenwart konnte er trotz wiederholter Bitte nicht benennen. Er hielt jedoch an seiner Behauptung fest, im Besitz des Angeklagten eine Zeichnung gesehen zu haben, die einer IS-Flagge ähnelte.

Die beiden weiteren geladenen Zeugen bestätigten die Aussage des Angeklagten, dass er sich bezüglich der Gründe für seine Haft bedeckt gehalten habe. Beide gaben an, nicht wahrgenommen zu haben, dass der Angeklagte versucht habe, sie oder andere Häftlinge zum muslimischen Glauben zu bekehren. Der Verdacht, dass der Angeklagte den IS verharmlost und ihn beworben habe, konnten beide Zeugen nicht bestätigen.

Da die Beweislage nicht für einen Schuldspruch ausreichte, die Aussagen des ersten Zeugen nicht durch weitere Häftlinge bestätigt wurde, es Abweichungen zwischen den polizeilichen Vernehmungen sowie den Wortmeldungen vor Gericht gab und keine einschlägige Symbolik bei den Unterlagen des Angeklagten gefunden werden konnte, plädierte der Staatsanwalt auf Freispruch. Die Verteidigung schloss sich an. Das entsprechende Urteil ist rechtsgültig.

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