Prozess nach 18 Jahren: "Ein Auftragsmord aus reiner Habgier"
"Das ist kein normaler Mordprozess", begrüßt der Staatsanwalt die Geschworenen, von denen einige das Prozedere im Grazer Gericht schon gut kennen: Sie saßen bis Freitag im selben Saal, da allerdings waren sie Laienrichter in einem großen Dschihadisten-Verfahren.
Am Montag sind sie wieder da, diesmal allerdings ist ein "Auftragsmord aus reiner Habgier" angeklagt, wie es der Staatsanwalt formuliert. Ein Mord, der noch dazu 18 Jahre zurück liegt: Im Juli 2001 wurde die Leiche Gianmaria V.s an der Südautobahn in der Nähe von Graz gefunden, der 47-jährige Italiener starb an einem Kopfschuss. Weil er zuvor hohe Lebensversicherungen abgeschlossen hatte, gingen die Ermittler rasch von Geld als Motiv aus - begünstigt war die Tochter der damaligen Geliebten des Opfers aus der Slowakei.
Keine Spuren, kein Projektil
Die Polizei hatte rasch diese Frau unter Verdacht, ebenso deren Schwager und weitere Komplizen. "Aber der Tatplan war perfekt", musste der Staatsanwalt am Montag eingestehen. "Am Tatort gab es keine Spuren, kein Projektil, keine Waffe. Damals konnte man ihnen nichts nachweisen, der Akt ist bei uns ins Archiv gewandet und dahin geschlummert."
Bis 2016 - da behaupteten Drogendealer in der Slowakei, sie wüssten etwas über einen Mord in Österreich. "Dass der Fall aufgeklärt werden konnte, ist erneut der Habgier der Geliebten zu verdanken", erläutert der Ankläger. "Aus reiner Habgier hat sie den Anteil der Komplizen nicht ausbezahlt und so ist dann doch irgendwann einmal darüber gesprochen worden." Dabei hätte ein Video, aus dem alle vier zusammen den mutmaßlichen Mord zugeben, genau das verhindern sollen: Alle vier Verdächtigen besaßen Kopien davon, um sich gegen die anderen abzusichern.
Auf freiem Fuß
Die Staatsanwaltschaft Graz klagte alle vier Slowaken, eine Frau und drei Männer, an. Doch am Montag sind nur zwei im Gerichtsaal, sie sitzen in Graz in U-Haft. Die Ex-Geliebte - die mutmaßliche Auftraggeberin - und jener Mann, der zu den Tätern an der Autobahn gehört haben soll, sind in der Slowakei auf freiem Fuß. "Das Auslieferungsverfahren läuft", kommentiert die Richterin, wobei der Staatsanwalt nicht mehr hofft, die weibliche Angeklagte überhaupt je in Graz zu sehen. "Heute ist sie in der Slowakei eine erfolgreiche Unternehmerin. Das mag vielleicht der Grund sein, dass sie bis heute nicht ausgeliefert ist."
"Hier sitzt der Falsche"
Die Verteidiger konzentrieren sich indes auf "Ermittlungspannen", die sie im Vorverfahren erblickt haben wollen. So seien zwei Zigarettenstummel am Tatort gefunden worden: Einer konnte dem Opfer zugeordnet werrden, der zweite weder ihm noch einem der Angeklagten "Eine Spur nach Italien ist nie verfolgt worden", rügt ein Anwalt. Die Verteidigerin des Erstangeklagten gesteht ein, ihr Mandant sei in Drogengeschäfte verwickelt gewesen, aber: "Mit dem Tod des Italieners hat er nichts zu tun. Hier sitzt der Falsche, er ist unbedingt freizusprechen."
In Polizeibar aufgeschnappt
Der Mann selbst beteuert Montagnachmittag, von dem Mord nur in "einer Polizeibar" gehört zu haben: "Ich habe damit nichts zu tun, ich war nicht behilflich."
Der Prozess ist für fünf Tage angesetzt, das Urteil ist für Freitag geplant.
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