Prozess: Ein Astrologe als Tinder-Schwindler

Prozess: Ein Astrologe als Tinder-Schwindler
Er zog einer Frau 72.000 € aus der Tasche. Zwei Jahre Haft; nicht rechtskräftig.

Eigentlich blickt er beruflich in die Sterne und deutet die Zukunft für seine Klienten. Doch mit diesem kosmischen Gegenwind dürfte der Astrologe nicht gerechnet haben: Er muss wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs zwei Jahre in Haft; nicht rechtskräftig. Der Mann soll einer Frau 72.000 Euro aus der Tasche gezogen haben.

Die Geschichte, die nun im Landesgericht für Strafsachen in Wien zum Prozess führte, nahm im Mai des Vorjahres ihren Lauf. Während eines Lockdowns lernte der Angeklagte auf der Dating-App Tinder eine Wienerin kennen. Der Mann widmete ihr schnell seine ganze Aufmerksamkeit. „Wir hatten gleich ein drei Stunden langes Gespräch, er hat viele Fragen gestellt“, erinnert sie sich. Er blickte für sie in die Zukunft, schnell wähnte sich die Frau auf Wolke sieben.

Gewitterwolken

Doch da zogen schon die ersten Gewitterwolken auf. „Ich habe ihr von meinen Zahlungsschwierigkeiten erzählt, vom Druck, den ich hatte. Sie hat angeboten, mir zu helfen“, erklärt der Astrologe. 15.000 Euro überwies die Frau auf das Konto des Angeklagten. Nur eine Woche später kam die nächste Bitte nach Geld. Insgesamt vier Mal ging das so.

Benötigte er Geld, habe der Mann ihre Nähe gesucht. Hatte er es, suchte er das Weite. Ein „kalt-warm“-Spiel, wie es die Richterin bezeichnet.

„Natürlich habe ich gefragt, wofür er das Geld braucht und wann ich es zurückbekomme. Aber er hat immer nur gesagt: ,Vertrau mir’“, schildert die Frau.

Was das Opfer nicht wusste: Der Mann benötigte das Geld, weil er bereits einschlägig vorbestraft war. Schon von zwei weiteren Frauen hatte er 100.000 Euro „ausgeborgt“, die er nun per Exekutionstitel zurückzahlen muss.

Detektiv engagiert

Beim vierten Geldverleih wurde die Frau allerdings aktiv und engagierte einen Detektiv. Der offenbarte ihr, dass Venus hier wohl kaum die Finger im Spiel hatte. Die Frau beendete die Beziehung daraufhin sofort. Auf das Geld wartet sie heute noch. „Dieser Mann muss gestoppt werden!“, appelliert die Anwältin des Opfers.

„Hier wird das Bild eines Liebesbetrügers gezeichnet, der sich ins Herz schleicht, um Geld herauszulocken“, meint die Verteidigerin des Astrologen. „Dabei wurde auf seine Initiative hin auch alles schriftlich gemacht. Er war davon überzeugt, dass er das Geld zurückzahlen kann.“

Doch wie? Der Angeklagte erzählt von Aufträgen, die ins Haus standen – und wegen Corona ausfielen. So hätte er für die Beratung einer Baufirma 100.000 Euro bekommen sollen. Schriftlich gibt es das nicht. Und auch der Geschäftspartner, der als Zeuge im Prozess aussagt, spricht von einem Betrag von „nur“ 25.000 Euro.

„Die ganze Geschichte tut mir natürlich leid. Ich werde das Geld zurückzahlen“, beteuert der Angeklagte. Das muss er auch – denn die Richterin verurteilt ihn zu zwei Jahren unbedingter Haft und zur Rückzahlung der 72.000 Euro innerhalb von 14 Tagen; nicht rechtskräftig.

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