Peter Sverak: Das Enfant terrible der ÖVP ist zurück

Üblicherweise sind es ja die Spitzenkandidaten, an denen man vor einer Wahl nicht vorbei kommt. Bei der Wiener ÖVP gab im jüngsten Wahlkampf aber ein anderer als Karl Mahrer die mediale Marschrichtung vor: Peter Sverak, türkiser Landesgeschäftsführer, Intimus des Parteichefs und Enfant terrible, war eine der einprägsamsten Figuren des an sich langweiligen Wahlwerbens.
Sverak – ein Mann mit Faible für den großen Auftritt – stand nicht nur maßgeblich hinter den umstrittenen Wahl-Slogans der ÖVP ("Deutsch ist Pflicht, Habibi!"), sondern filmte sich für Social Media auch mal dabei, wie er an Geschirrspül-Tabs schnüffelte und ein Glas Whisky auf Ex kippte. Eine Replik auf ein Posting eines Satire-Magazins.
Dass so manche Wahlkampf-Idee der ÖVP selbst durchaus satirischen Wert hatte, brachte Sverak dann auch einige Sekunden Ruhm in der ORF-Show "Willkommen Österreich" von Dirk Stermann und Christoph Grissemann ein. Er zeigte sich nach außen hin zufrieden – und freute sich über den "Guerilla"-Wahlkampf. So weit, so erinnerlich. Kurz nach der Wahl war Sverak plötzlich aus den Polit-Seiten der Tagesmedien verschwunden. Das Ergebnis der ÖVP war mit 9,65 Prozent der Stimmen desaströs, Mahrer musste zurücktreten. Sverak ging mit ihm.
Während Mahrer heute (weitgehend unauffällig) im Gemeinderat sitzt und für seine Partei für Kulturagenden zuständig ist, ist Sverak zurück in der medialen Arena. Nicht in der Politberichterstattung – sondern in den Gastkommentarspalten.
Kundiger Experte für eh alles
Der 40-Jährige schreibt in durchaus namhaften Magazinen und Zeitungen (von Presse bis Trend) über die Zukunft der KI, warnt vor der "digitalen Zweiklassengesellschaft", ermahnt Manager ("Verantwortung lässt sich nicht delegieren") oder sinniert über die Gefahren des "Pride Month" für Unternehmen, die "Haltung bloß inszenieren". Sverak, so scheint es, wurde – frei nach Kabarettist Günther Paal – über Nacht zum kundigen Experten für eh alles. In der Partei sorgt sein Sendungsbewusstsein bei manchem zumindest für Irritation. Für Sverak ist es nur logisch: Nach dem Wahlkampf wollte er "Tempo herausnehmen", sagt er zum KURIER. "Nicht um stehenzubleiben, sondern um den eigenen Kompass neu auszurichten“. Die Gastkommentare seien für ihn „ein schöner Weg, im Denken und Diskutieren zu bleiben, auch abseits der Lokalpolitik."
Dass er auch von dieser nicht ganz die Finger lassen kann, beweist sein neues Engagement in Hietzing: Dort ist Sverak seit 1. Juli als Bezirksobmann der Wirtschaftskammer tätig. Für viele kam auch das überraschend. Der ÖVP-Wirtschaftsbund, der in der Kammer den Ton angibt, war mit der Positionierung der Partei unter Mahrer und Sverak nicht glücklich. Vor allem der Stil Sveraks gefiel Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck nie sonderlich. Zu einem frühen Bruch kam es rund um das heute legendäre Brunnenmarkt-Video, hinter dem Sverak steckte. (Auch wie Ruck den Kurs der ÖVP wenig später im KURIER-Interview kommentierte, blieb in Erinnerung: "Der Weg der ÖVP Wien wird kein Ziel erreichen.")
Wie also verschlug es Sverak in die Hietzinger Wirtschaftskammer? Sein Engagement habe sich "spontan" ergeben, erzählt er. Als er gefragt wurde, habe er jedoch "nicht lange überlegen müssen". Immerhin sei Hietzing nicht nur sein Heimat-, sondern sein "Herzensbezirk". Im Herbst werde er dann inhaltlich tätig: Er wolle seinen Schwerpunkt auf das Thema "buy local" legen. Parallel führt Sverak seit 2010 noch seine eigene Kommunikationsagentur, die er aber ruhend stellte, als er unter Gernot Blümel in die Wiener ÖVP kam. Damals war Sverak "nur" Kommunikationschef – unter Mahrer begann sein Aufsteig.
Tatsächlich legte Sverak sein Amt als Landesgeschäftsführer und Kommunikationschef anders an als Kollegen vor ihm: Er kümmerte sich nicht primär um die interne Organisation der Partei (dafür war sein damaliger Stellvertreter Lorenz Mayer abgestellt) oder blieb als Kommunikator gar bewusst im Hintergrund – wie das die einst innerparteilich mächtige Iris Müller-Guttenbrunn (heute: Iris Drexler) als Vertraute von Blümel tat. Sverak vermarktete immer auch sich selbst. Seine Ansätze waren vielen in der Partei suspekt. Seine Ideen schwankten zwischen Mut und Übermut, der Unmut anderer war ihm in beiden Fällen oft gewiss.
Mahrer aber vertraute ihm – und setzte ihn an die Schalthebel. Der damalige Landesgeschäftsführer Markus Keschmann etwa, den Sverak direkt beerbte, schied im Umfrieden, weil er in Entscheidungen nicht mehr eingebunden war – namentlich in das Brunnenmarkt-Video. Auch von Stefan Steiner, einst Berater von Sebastian Kurz, trennte man sich bald wieder. Neben Sverak hatte kaum jemand Platz. In der Stadt-ÖVP dürfte die Kommunikation nach Sverak wieder konventioneller ausfallen. Geschäftsführer Mayer und Kommunikationschef Patrick Gasselich werden den Scheinwerfer vorrangig auf Parteichef Markus Figl richten.
Und Sverak? Er will bis Jahresende entscheiden, wie es mit seiner Kommunikationsagentur weitergeht, sagt er. Und er wird sich auf Social Media wohl weiter selbst erklären. Denn, wie Sverak zuletzt in einem Gastkommentar schrieb: "Wer nicht selbst erklärt, was er tut, wird von anderen erklärt." Und sich von anderen (etwas) erklären zu lassen, das hat Sverak noch nie gefallen.
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