Peter Hanke: Der neue „Sir“ in der Wiener SPÖ
Ziemlich exakt 24 Stunden. Mehr Zeit bleibt nicht, um der serbischen Hauptstadt Belgrad einen Besuch abzustatten. Bei Peter Hanke (SPÖ), Wiens Wirtschafts- und Finanzstadtrat, reiht sich seit Amtsantritt Reise an Reise.
Sei es zum deutschen Nachbarn nach Berlin. Sei es nach Brüssel, Zypern und Japan. Und nach London, wo Hanke verunsicherte Unternehmen angesichts des bevorstehenden Brexit nach Wien locken will.
Oder eben, wie kürzlich, nach Belgrad. Im Stundentakt folgen Termine. Hanke führt Gespräche mit Bürgermeister und Stadträten, trifft junge Start-ups und plaudert mit Unternehmern.
Werbung für Wien und seine Unternehmen zu machen – das ist der Auftrag, mit dem er reist.
In Belgrad geht es etwa darum, ob und wie Wien die Serben mit Know-how beim U-Bahn-Bau unterstützen kann. Was Belgrad vom sozialen Wohnbau lernen könnte. Oder welche Wiener Modelle helfen würden, damit Belgrad mit der Wasseraufbereitung beginnen kann – und Abwässer nicht mehr ungefiltert in die Flüsse entsorgt.
Kein Berufspolitiker
Die Rolle ist noch neu für den 55-Jährigen. Erst seit Mai 2018, seit Amtsantritt von SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig, ist Hanke in der Politik.
Den Politiker sieht man dem Ex-Manager der Wien Holding aber bis heute nicht an. Wie ein klassischer Sozialdemokrat sieht er schon gar nicht aus.
In Belgrad trägt Peter Hanke feinen royalblauen Zwirn. Dazu ein zartrosa Hemd mit Manschetten und – eine Art Markenzeichen – das farblich passende Stecktuch.
Das ist mehr als eine oberflächliche modische Betrachtung: Denn Hankes Stil ist Programm. Mit seinem Auftreten fällt er auf.
Er gilt als der „Sir“ der Wiener Stadtregierung. Ein Gegengewicht zum Bürgermeister, der sich – wie sein Vorgänger – gerne hemdsärmelig gibt. Ein Gegengewicht zur lauten Öffi-Stadträtin Ulli Sima. Und zum betont linken Sozialstadtrat Peter Hacker.
Roter Parteiadel
Hanke, geboren im 10. Bezirk, zählt zum roten Parteiadel. Er ist gut vernetzt und Stammgast auf den wichtigsten Events von Wien bis Alpbach. Dabei wollte er eigentlich nie ein Berufspolitiker sein.
Der Vater war hoher Beamter im roten Wien. Hanke selbst landete nach dem BWL-Studium in den 1990er-Jahren bei der städtischen Wien-Holding. Im Jahr 2002 wurde er ihr Geschäftsführer. In die Stadtregierung kam er, weil Ludwig ihn bat.
Von Partei-Hickhack und Polit-Rhetorik hält Hanke wenig. Auch in Belgrad geht es um Sachthemen. Lobeshymnen auf die SPÖ hört man keine, Angriffe auf den politischen Mitbewerb schon gar nicht.
Das mag daran liegen, dass der Wahlkampf, in dem sich die heimischen Parteien befinden, rund 500 Kilometer Luftlinie entfernt ist. Oder daran, dass er mit Wahlkampf generell nicht so viel anfangen kann.
Ob er angesichts der Nationalratswahl viel im Einsatz sei? „Einige Male schon. Das persönliche Gespräch ist dabei aber sicher wirkungsvoller als Social Media oder Flugzettel zu verteilen“, sagt Hanke. In erster Linie führe er derzeit Verhandlungen für das Wiener Budget 2020.
Wenig sexy
Apropos Budget: Viele der Themen, mit denen Hanke als Stadtrat betraut ist, klingen unsexy – Finanzen, Wirtschaft, Digitalisierung. Hanke weiß das auch. „Manchmal bringt es nichts, ständig über Dinge zu reden und für sie zu werben. Man muss sie umsetzen“, sagt er.
Zu Strategiepapieren hat er daher ein gespaltenes Verhältnis: „Wenn jemand mit einer Strategie kommt, will ich sofort drei konkrete Maßnahmen hören, die sich daraus ableiten lassen. Sonst kann er gleich wieder gehen“, sagt Hanke.
Eine Zwischenbilanz nach 16 Monaten im Amt? Das Nulldefizit der Stadt im Jahr 2020 werde halten, versichert Hanke im KURIER-Gespräch. Von den 50.000 zusätzlichen Jobs, die er bis zur Wien-Wahl schaffen will, seien 39 Prozent bereits erreicht. Und im Vorjahr habe die Stadt so viele internationale Firmenansiedlungen verzeichnet wie noch nie. Auch mit der Digitalisierung gehe es gut voran.
In die Medien schafft es Hanke freilich meist mit anderen Themen. Viele hat er von seiner Vorgängerin Renate Brauner geerbt.
Etwa Infrastruktur-Projekte, die schon (zu) lange auf sich warten ließen – sei es die neue Multifunktionshalle oder der Fernbusterminal. Hanke vermittelt auch in diesem Bereich Geschäftigkeit. Ob es ihm gelingt, die Projekte auf den Boden zu bringen, wird sich weisen.
Umstrittene Marke
Auch die neue Markenstrategie der Stadt geht auf Hankes Konto. Knapp 600.000 Euro kostete der einheitliche Werbeauftritt, praktische Umsetzung nicht inkludiert. Dafür gab es zuletzt kritische Worte und Häme von Bürgern und politischen Gegnern.
Hanke ließ sich nicht beirren. Das mag an seinem entkrampften Umgang mit dem Amt liegen. Als Politiker in Pension? Hanke zieht eine Augenbraue hoch. „Ich bin noch nicht so alt.“
Dass er für die SPÖ kommendes Jahr in die Wien-Wahl geht, gilt dennoch als fix. Michael Ludwig hat ihn aktiv angeworben – und der Stadtrat liefert bislang ab.
Querschüsse gegen die Linie des Bürgermeister sind von ihm zudem nicht zu erwarten. Das Rampenlicht lässt er seinem Vorgesetzten. Das ist in der großen Wiener SPÖ keine Selbstverständlichkeit. „Michael Ludwig ist der Chef. Ich bleibe nur, solange ich etwas bewegen kann und das gewünscht ist“, sagt Hanke.
Nicht auszuschließen, dass ihm gerade all das ein langes politisches Leben beschert.
Kommentare