Tod beim Paragleiten: Wie gefährlich das Fliegen mit dem Wind wirklich ist

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Immer wieder stürzen Gleitflieger ab. Ein Profi erklärt, wer ab wann in die Luft darf und worauf es bei diesem Sport ankommt.

Paragleiter prallte gegen Hoteldach – schwer verletzt. Oberösterreicher kam bei Paragleitabsturz ums Leben. 77-Jähriger blieb mit Schirm an der Hauswand hängen.

Es sind Meldungen wie diese, die beunruhigen und das Paragleiten immer wieder in die Schlagzeilen bringen. Mario Poscher ist Leiter der Flugschule Ternberg in Oberösterreich. Er sagt: „Das ist kein gefährlicher Sport mehr.

Früher war alles wesentlich unsicherer.“ Mittlerweile sei das Material super, die Ausbildung ebenso und es sei jede Menge Unterstützung vorhanden. Wer darf also wann in die Luft?

Poscher fliegt seit seinem 14. Lebensjahr, die Flugschule übernahm er vor 10 Jahren von seinem Vater. „Daran taugt mir, dass ich mit verschiedenen Charakteren zu tun habe.“

Schnuppertag schafft Gewissheit

Der Experte rät zu einem Schnuppertag am Hang, da stelle sich relativ rasch heraus, ob die Faszination bleibt. „Es gibt Menschen, die merken, dass sie sich nicht wohlfühlen oder denen es doch zu zeitaufwendig ist.“ Wer weitermachen will, besucht einen viertägigen Grundkurs. Erste Höhenflüge finden statt, es wird das Starten und Landen geübt.

40 Flüge für den Schein

Danach braucht es eine Theorieprüfung und insgesamt 40 Flüge, damit der Paragleiterschein ausgestellt wird. Damit kann man weltweit fliegen. „Mit diesem Schein ist man aber kein Profi, da ist es gerade mal so, dass die Stützräder unten sind“, bremst der 32-jährige Poscher ein.

Mario Poscher leitet die Flugschule Ternberg

Mario Poscher leitet die Flugschule Ternberg

Es gehe darum, möglichst rasch möglichst viel Erfahrung zu sammeln. „Ab 150 Flügen ist man wirklich gut unterwegs.“ Es sei auch entscheidend, wie intensiv man sich mit der Materie an sich, mit der Wind- und Wetterkunde auseinandersetze. „Beim Fliegen geht es um die richtige Selbsteinschätzung. Unfälle passieren hauptsächlich, weil die Piloten einen Fehler machen. Sie wären vermeidbar.“

Körperliche Fitness ist wichtig, „aber fürs Fliegen muss man vor allem fit im Kopf sein. Die Konzentration ist die ganze Zeit gefragt.“ Dass über 80-Jährige fliegen, findet der Experte nicht klug: „Natürlich gibt es alte Menschen, die fit sind, aber ab 80 wird es schon schwierig.“

Der Reiz des Fliegens

An seinen Kursen nehmen mehr Männer als Frauen teil, viele davon suchen einen neuen Lebensabschnitt, alle sind fasziniert von der Technik des Fliegens: „Wir bewegen uns durch die Luft, die wir nicht sehen, arbeiten viel mit dem Wind zusammen, das macht auch für mich nach so vielen Jahren noch immer den Reiz an diesem Sport aus.“

Mario Poscher ist selbst schon auf der ganzen Welt abgehoben mit seinem Schirm, etwa in Japan, Neuseeland oder Kolumbien. „Am liebsten fliege ich aber nach wie vor über die Alpen, sowohl in Österreich als auch in der Schweiz.“ Und wenn er nicht drüberfliegt, ist er wandernd oder kletternd in den Bergen unterwegs.

Wer noch nie Höhenluft geschnuppert hat, dem empfiehlt Fluglehrer Poscher einen Tandemsprung. Der ist übrigens schon für Kinder ab fünf Jahren erlaubt. Früh übt sich, wer hoch hinaus will.

Marlene Brandl beim Fliegen

Marlene Brandl beim Fliegen

„Unfälle meist wegen Dummheit oder Selbstüberschätzung“

Erfahrung. „Ich kann es nicht anders sagen: Ich habe mich so sehr verliebt ins Fliegen.“ Eigentlich hat Marlene Brandl Höhenangst. Deshalb dachte sie auch nie daran, sich mal so hoch hinaus zu begeben. „Mein Mann hat das klug gemacht. Er hat mir einen Tandem-Sprung über die Dolomiten geschenkt. Das war natürlich wunderschön.“ Und plötzlich spielte die Höhenangst keine Rolle mehr.

130 Flüge

Seit eineinhalb Jahren betreibt das Paar aus Oberösterreich den Sport nun in intensiver Ausprägung. „Ich habe bereits 130 Flüge. Derzeit bin ich bei einem Sicherheitstraining in Italien“, erzählt die Fotografin. Darum gehe es in diesem Sport nämlich: Sich ständig weiterzubilden, zu lernen, Erfahrungen zu sammeln. „Wissen bringt Sicherheit. Und dann ist das Paragleiten auch nicht gefährlich.“ Sie selbst sei beim Fliegen noch nie in Gefahr gewesen: „Wenn Unfälle passieren, hat das meist mit Dummheit, Selbstüberschätzung und zu wenig Wissen über Wind und Wetter zu tun.“

Mit dem Auto oder dem Motorrad zu fahren, sei gefährlicher: „Das tun wir viel häufiger, da werden wir schnell unaufmerksam, weil es Routine ist. Außerdem kann es sein, dass uns ein Besoffener entgegenkommt.“ Das sei beim Fliegen ganz anders, das habe sehr viel mit Eigenverantwortung zu tun: „Gefahren werden vorab erkannt und dann stoppen wir rechtzeitig ab.“ Die Weite, der Blick von oben und das Wegkommen aus dem Alltag sind für Marlene Brandl die faszinierenden Faktoren an diesem Sport.

Mit Brautkleid & Gleitschirm

Mit Brautkleid & Gleitschirm

Immer wieder hat die professionelle Fotografin auch Hochzeitspaare mit Schirmen vor der Kamera – ein außergewöhnlicher Anblick.

Derzeit steht sie noch unten, hält die Paare  vom Boden aus für die Ewigkeit fest, das könnte und soll aber bald anders sein: „Ich habe vor, diese Szenen demnächst auch aus der Luft zu fotografieren.“

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