Opfer wehrt sich nach Pograpscher-Urteil

Opfer wehrt sich nach Pograpscher-Urteil
Aus Protest gegen die Rechtslage wird am Montag in Graz den Männern an den Hintern gefasst.

Eine Bankangestellte, 43, ist am Nachmittag mit dem Rad in der Grazer City unterwegs und wird von einem Mann am Gesäß begrapscht. Reflexartig fängt er sich eine Ohrfeige ein, der 37-jährige Arbeitslose schlägt ihr auf den Fahrradhelm. Passanten greifen ein, ehe die Situation eskaliert. Das empörte Opfer erstattet Anzeige. Der Täter wird ausgeforscht.

Noch empörter ist Eva H. nun aber, nachdem eine Bezirksanwältin das Verfahren eingestellt hat. Es liege keine sexuelle Belästigung vor. Das Gesäß zähle nicht zu den geschlechtstypischen Merkmalen, nur Busen und Geschlechtsorgane. Einen dezenten Hinweis in Richtung Anstandsverletzung gab die Rechtspflegerin noch. Das aber wird als Verwaltungsübertretung geahndet. „Das wäre wie Falschparken“, ärgert sich die Grazer Frauenbeauftragte Maggie Jansenberger und spricht von Bagatellisierung. „Natürlich ist auch das Gesäß sexualisiert. Man braucht nur Werbeplakate anschauen“, kritisiert sie das Gesetz.

„Mir ist der Kragen geplatzt. Es besteht offenkundig ein Manko in unserem Rechtssystem“, erklärt das Opfer im KURIER-Gespräch. Die zweifache Mutter fühlt sich in ihrer Integrität verletzt und überlegt andere rechtliche Schritte. Schützenhilfe bekommt Eva H. von SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Sie fordert eine gesetzliche Nachschärfung, weil das kein Einzelfall sei. „Es muss endlich Schluss sein mit der Verharmlosung. Sexuelle Belästigung ist kein Kavaliersdelikt, sondern Gewalt an Frauen.“

Eine Beleidigung

Der KURIER informierte sich beim Wiener Anwalt Helmut Graupner. Po-Grapschen falle strafrechtlich unter Paragraf 115: Beleidigung. Das könne auch ein erzwungener Kuss oder eine Ohrfeige sein. „Das Opfer muss Privatanklage erheben und braucht mindestens drei Zeugen.“ Der Strafrahmen betrage bis zu drei Monate. Auch zivilrechtlich könne Schadenersatzklage erhoben werden. In beiden Fällen ein Kostenrisiko für Opfer.

Justizministerin Beatrix Karl will sich zu Anlassgesetzgebungen nicht äußern. Ihr Sektionschef Christian Pilnacek hält nichts von einer Gesetzesnovellierung. „Es muss Abstufungen zu den schweren Fällen des Sexualstrafrechtes geben.“ Über die Verschärfung des § 115 aber könne nachgedacht werden. „Man kann und soll diskutieren, wie die Ächtung solcher Übergriffe erfolgen kann.“

Die Grazer Frauenbeauftragte macht Druck. Sie ruft für kommenden Montag ab 15 Uhr zum Flashmob auf dem Hauptplatz auf. Dort wird Männern an den Hintern gefasst, „als Zeichen gegen Bagatellsierung sexueller Belästigung“.

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