OGH: Novomatic muss 430.000 Euro zahlen

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Der Kläger zockte jahrelang viele Stunden täglich an Automaten. Laut einem Gutachter war der Mann teils geschäftsunfähig.

Der Glücksspielkonzern Novomatic muss in einem Spielerverfahren eine juristische Niederlage einstecken. Der Oberste Gerichtshof (OGH) wies eine außerordentliche Revision Novomatics gegen ein Urteil zurück, wonach das Unternehmen einem Spielsüchtigen 372.220 Euro verzocktes Geld zurückzahlen muss. Samt Zinsen bekam der Kläger bereits 430.000 Euro.

In dem Verfahren ging es wie bei vielen anderen Spielerklagen um die Frage, ob die Novomatic-Kunden während des Zockens an Automaten aufgrund von Spielsucht teilweise geschäftsunfähig waren und daher ihre verspielten Einsätze via Gericht zurückfordern können.

In dem aktuellen Fall hat Novomatic an der Spielsucht des Kläger gezweifelt, er habe sich lediglich "psychiatrisches Wissen" angeeignet. Außerdem kritisierte der Konzern den vom Gericht eingesetzten Sachverständigen, der sich auf die Seite des Spielers stellte.

Meist hängt in Spielerverfahren die Entscheidung, ob jemand Geld zugesprochen bekommt oder nicht, am Gutachter. Manche sind bekannt dafür, fast immer pro Kläger zu sein, also ihnen Spielsucht und in der Folge partielle Geschäftsunfähigkeit zu attestieren. Andere sind tendenziell skeptisch.

25 Tage im Monat am Automaten

Der Mann, der jetzt auch beim OGH Glück hatte, hat zwischen 2004 und 2013 Unsummen in Novomatic-Spielstätten in Wien liegen gelassen. Etwa 25 Tage im Monat hat er laut Erstgericht mehrere Stunden täglich gespielt. "Es war ihm nicht möglich, das Aufsuchen des Spiellokals zu unterlassen und selbstständig das Spielen zu beenden", heißt es in dem OGH-Beschluss vom 26. Jänner 2017, der der APA vorliegt. Am Ende hat er sein gesamtes Vermögen verloren. Seine Kinder mussten auf Matratzen schlafen, weil das Geld für ein Bett fehlte.

Der Kläger begehrte ursprünglich die Rückzahlung von 675.860 Euro, konnte aber nicht über alle verspielten Beträge Nachweise erbringen. Letztendlich bekam er von erster und zweiter Instanz 372.220 Euro zugesprochen. Dazu kamen vier Prozent Zinsen für mehrere Jahre. Laut Klägeranwalt Peter Ozlberger hat Novomatic die 430.000 Euro bereits bezahlt.

Novomatic konnte sich in dem Fall mit seinen Argumenten weder beim Erst- und Zweitgericht noch beim Höchstgericht durchsetzen. Schon das Berufungsgericht hatte etwa ausgeführt, dass Novomatic die Darlegungen des Sachverständigen übergehe, wonach beim Kläger sehr wohl ein Ausschluss der Willens- und Entscheidungsfreiheit abzuleiten sei. Denn "über lange Zeitstrecken nachweisbare Kreditkarten- und Bargeldbehebungen" ließen "sehr konkrete und anschauliche Rückschlüsse auf die Spielhallenbesuche des Klägers" zu. Die Beweisbarkeit von behaupteter Spielfrequenz und -intensität sei nicht vom Sachverständigen zu beurteilen, so der OGH.

Dass die Vorinstanzen dem Kläger partielle Geschäftsunfähigkeit bescheinigten, ist laut OGH "vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig". Geschäftsunfähigkeit ist nach Meinung des Höchstgerichts nicht nur bei "völliger Unfähigkeit zur Willensbildung" gegeben. Für die teilweise Geschäftsunfähigkeit "kommt es darauf an, ob der Betreffende in der Lage war, die Tragweite und die Auswirkungen eines bestimmten Rechtsgeschäfts abzuschätzen und dieser Einsicht gemäß zu disponieren."

Ob ein Kläger zu einem bestimmten Zeitpunkt geschäftsunfähig war, ist aus Sicht des OGH keine Rechtsfrage von Bedeutung, sondern eine typische Einzelfallbeurteilung. Aus diesem Grund war die außerordentliche Revision Novomatics zurückzuweisen.

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