Österreichs Gotteskrieger im Visier der Staatsschützer

Etwa 60 zurückgekehrte radikale Kämpfer aus Syrien bedrohen die Sicherheit Österreichs.
40 bis 60 junge Dschihadisten, die aus Syrien zurückgekehrt sind, werden als größte potenzielle Gefahr geortet.

Religiös motivierter Extremismus und Terrorismus gelten 2014, wie auch die Jahre davor, als die stärksten Bedrohungen für die Sicherheit Österreichs. Zu dieser Erkenntnis kommt der Verfassungsschutzbericht 2013/’14.

Auch rechtsextremistische Strömungen sind nach wie vor hochaktiv und zeigen sich in neuem Erscheinungsbild. So versucht die "Neue Rechte" politisch salonfähig zu werden. Verfassungsschützer nannten dabei die Bewegung der Identitären, die zuletzt im Mai in Wien aufmarschierten, als Beispiel.

Österreichs Gotteskrieger im Visier der Staatsschützer
APA14558924 - 10092013 - WIEN - ÖSTERREICH: Konrad Kogler, Generaldirektor für öffentliche Sicherheit im Innenministerium, am Dienstag, 10. September 2013, während der Pressekonferenz "Verfassungsschutzbericht 2013" in Wien. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Auf das Konto linker Aktivisten gingen im Vorjahr 411 Straftaten gegenüber 198 im Jahr 2012. Die gewaltbereite Szene ist 2013 vor allem rund um den Akademikerball stark auffällig gewesen – deshalb auch der starke Anstieg bei den Anzeigen. Weitere sicherheitspolitische Herausforderungen für Österreich waren (und sind) die NSA-Spionage-Affäre, der Schutz kritischer Infrastruktur sowie Cyber-Sicherheit.

1. Religiös motivierter Extremismus/Terrorismus

Mehr als 100 Personen aus Österreich haben an Kämpfen in Syrien teilgenommen oder stehen gegen das Assad-Regime noch im Feld. 40 bis 60 Kämpfer sind jedoch nach Österreich zurückgekehrt. Konrad Kogler, Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit: "Wir nehmen dieses Bedrohungsszenario sehr ernst." Denn die in Österreich perspektivlosen jungen Männer sind radikalisiert und traumatisiert. Sie könnten auch in Österreich Anschläge planen. Die aktuellen Kriegshandlungen im Irak, ausgelöst durch die radikalen ISIS-Milizen ("Islamischer Staat im Irak und in Syrien") verschärfen die Situation zusätzlich. Beispiel Brüssel: Am 24. Mai erschoss Mehdi Nemmouche im Jüdischen Museum vier Menschen. Der 29-Jährige nordafrikanischer Herkunft wurde in Roubaix, einer französischen Kleinstadt, geboren. Nach seiner Festnahme wurden ein Bekenner-Video und eine schwarz-weiße ISIS-Flagge sichergestellt.

Noch heuer wird im Innenressort eine Erstanlaufstelle eingerichtet. Dort sollen Spezialisten Menschen helfen, denen bei Verwandten oder Bekannten eine Radikalisierung aufgefallen ist. Peter Gridling, Direktor der Terrorismusbekämpfung erklärt den Hintergrund: "Ziel ist es, diese Männer aus der Radikalisierungsschleife zu bekommen."

Ein neues Phänomen beobachtete der Verfassungsschutz in Bosnien-Herzegowina. Dort bilden sich abgeschottete radikal-islamistische Gemeinden. Auch dorthin gibt es Zulauf aus Österreich.

2. Rechtsextremismus

Gab es 2012 gesamt 920 Anzeigen gegen Rechte, waren es im Vorjahr 1027. Zusätzlich steigen Rekrutierungs- und Radikalisierungsaktivitäten rechter Organisationen im Internet. Im Zentrum der Propaganda steht die "Identität" des eigenen Volkes. Laut "Neuer Rechter" muss die Heimat vor Massenzuwanderung und Islamisierung geschützt werden. Bei der Internet-Meldestelle "NS-Wiederbetätigung" gingen im Vorjahr 1900 Hinweise ein, 2012 waren es nur 940. Zusätzlich dürften rechte Organisationen Junge verstärkt auf Fußballplätzen rekrutieren. Der Verfassungsschutz hat die Szene unter Beobachtung.

3. Linksextremismus

Die Aktivitäten der autonom-anarchistischen Verbindungen fokussierten sich auf Proteste gegen Rechts, gegen das Asylwesen und die Wirtschaftspolitik. Die Verfassungsschützer gehen davon aus, dass die Polarisierung zwischen Links und Rechts in Zukunft öfters zu Auseinandersetzungen führen wird.

Ein heikles Thema des Verfassungsschutzberichtes ist die Tätigkeit von Nachrichtendiensten. Denn die NSA-Spionage-Affäre hat gezeigt, dass viele Länder Ziel von Auskundschaftungen sind. "Dabei geht es nicht nur um politische oder militärische Spionage, sondern verstärkt um Wirtschaft, Industrie und Forschung", erklärte Martin Weiss, Leiter der Abteilung Informationsgewinnung im Innenministerium.

Generaldirektor Kogler betonte, dass "das Innenministerium nicht mit dem NSA-Dienst zusammenarbeitet, und dass kein relevanter Tatbestand, wie etwa Datenabschöpfung in Zusammenhang mit der Snowden -Affäre, besteht". Allerdings wurde eingeräumt, dass auch die Recherche-Möglichkeiten des BMI ihre Grenzen haben.

Dafür bekämpft Österreich verstärkt Industrie- und Wirtschaftsspionage. Unser Land verliert, so das Innenressort, jährlich etwa 880 Millionen Euro durch diese Kriminalitätsform. Firmen, die Know-how-Träger sind, werden vom Ministerium Infos zu Sicherungskonzepten auf allen Ebenen (Internet, Objektschutz, Personal) angeboten.

Parallel dazu entsteht ein Objektschutz-Katalog. Darin enthalten sind 400 Gebäude und Areale – vom Krankenhaus über Umspannwerke bis zu Rechner-Zentralen.

Kommentare