Österreichs Kinder können immer schlechter schwimmen: Was die Politik (nicht) dagegen tut

Schwimmunterricht steht im Lehrplan, wird aber nicht immer sehr gut ausgeführt.
Ein Kind ist heuer laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) bei einem Badeunfall bereits verstorben, sechs weitere wurden bei Badeunfällen schwer verletzt. "Schwimmen entscheidet manchmal über Leben und Tod", sagt Sportstaatssekretärin Michaela Schmidt (SPÖ).
Insgesamt sind in Österreich in den vergangenen Jahren immer zwischen 22 und 47 Menschen ertrunken, heuer halten wir in Österreich bereits bei 18 Toten. Ein Grund dafür ist, dass in Österreich 600.000 Menschen ab fünf Jahren gar nicht schwimmen können.
In der Altersgruppe der Fünf bis 19-Jährigen können etwa 10 Prozent gar nicht schwimmen, weitere 76.000 gelten laut einer Erhebung des KfV als "unsichere Schwimmer", die 10- bis 14-Jährigen können heute deutlich schlechter schwimmen als früher - die mangelnden Möglichkeiten, während der Pandemie das Schwimmen zu erlernen, gelten als Grund dafür.
Schwimmen lehren leicht gemacht
Das Sportministerium versucht nun, mit dem Schwimmverband dagegen vorzugehen. Etwa mit dem Projekt "Learn to swim". Seit Februar dieses Jahres wird bei der Schwimmausbildung angesetzt. "Wer gut schwimmen kann, muss nicht unbedingt jemand anderem das Schwimmen lernen können", weiß Projektverantwortliche Susanne Polansky.

Thomas Unger, Staatssekretärin Michaela Schmidt, Susanne Polansky.
Deshalb bietet der Schwimmverband die Ausbildung zum "Schwimmübungsleiter" an, eine standardisierte Ausbildung, die für mehr Qualität bei den Schwimmlehrerinnen und -lehrern sorgt. Diese Ausbildung wird auch jenen Pädagoginnen und Pädagogen angeboten, die mit ihren Schülerinnen und Schülern Schulschwimmkurse, die im österreichischen Lehrplan erhalten sind, absolvieren. Denn auch das weiß Polansky: "Viele Kinder, die Schulschwimmkurse absolviert haben, können nicht schwimmen."
Ein Ziel der Initiative ist es, flächendeckend in Österreich Schwimmübungsleiter auszubilden.
Sieben Millionen Euro für 50 Meter Becken
Woran ebenfalls gerade gearbeitet wird: An einem österreichweiten Wasserflächenbericht. Seit Februar werden alle verfügbaren Wasserflächen erfasst und evaluiert. Dieser Bericht liegt im September vor und bildet die Basis für strategische Überlegungen, die das Sportministerium für künftige Investitionen erarbeiten will.

Für 50 Meter Becken gibt es Mittel vom Bund.
Dafür gibt sich Staatssekretärin Schmidt angesichts der Budgetlage zwei Jahre Zeit, ehe konkrete Maßnahmen gesetzt werden. Wobei Schmidt klarstellt: Das Ministerium sei nur bei 50-Meter-Sportbecken in der Pflicht. Ein Projekt mit sieben Millionen Euro Kofinanzierung steht derzeit an: In Klagenfurt, im Alpe-Adria Bad. Die Entscheidung von Stadt und Land Kärnten dazu stehe kurz bevor, heißt es.
Weiße Flecken im ganzen Land
Kein Geld vom Sport gibt es für "normale" Schwimmbecken und Hallenbäder. Dafür seien die Gemeinden und Länder zuständig, sagt Schmidt. Wissend, dass die Gemeinden gerade damit finanziell überfordert sind. Wie aktuelle Beispiele, etwa aus Mödling und Perchtoldsdorf, zeigen.
Die ersten Daten aus der Erhebung der Wasserflächen zeigt auch: Es gibt weiße Flecken, etwa in Oberösterreich, wo das nächste Bad zum Schwimmenlernen vielfach weit entfernt ist.
Aber es gibt - auch in Oberösterreich - Modelle, wie Bäder gemeinsam getragen werden können. Thomas Unger, selbst Vizebürgermeister in Ansfelden (OÖ) weiß von einem Gemeinschaftsbad im Bezirk Rohrbach, wo sich Gemeinden zusammengeschlossen haben, um gemeinsam ein Bad zu betreiben.
Und im Flachau in Salzburg teilen sich 19 Gemeinden die Last eines Hallenbades gemeinsam auf. "Das wird die Zukunft sein", ist Unger überzeugt, der auch betont: "Ein Bad zu führen ist auch eine politische Entscheidung."

Thomas Unger vom Schwimmverband: "Ein Bad zu betreiben ist eine politische Entscheidung"
Diese politische Entscheidung braucht es dann auch, wenn der gesamte Bericht vorliegt und alle Lücken aufgedeckt sind. Schmidt betont: "Wo es strukturelle Lücken gibt, müssen wir investieren." Denn Schwimmen sei auch ein wichtiger Teil des Vereins- und Leistungssports, verspricht die Sportstaatssekretärin, wenn schon kein Geld, zumindest Engagement aus ihrem Bereich.
Darüber hinaus wird auf sympathische Art und Weise versucht, mehr Begeisterung fürs Schwimmen zu generieren. Über das Projekt "Olympia goes School" kommen Teilnehmerinnen der Olympischen Spiele, um bei Schwimmstunden für zusätzliche Motivation zu sorgen.
Darüber hinaus finanziert das Bundesministerium 10.000 Schwimmeinheiten, die über 1.000 Kindergartengruppen und Volksschulklassen zugute kommen. Bei alleine über 19.000 Volksschulklassen und über 22.000 Kindergartengruppen in ganz Österreich auch nur ein kleiner Tropfen in einem großen Hallenbad.
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