Österreich: Ein kleiner Bruder für den Eurofighter?
Die Bundesregierung und Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) wollen sich noch nicht in die Karten blicken lassen. Weder über den künftigen Abfangjäger (Beibehaltung der Eurofighter oder Neuanschaffung etwa von Gripen) noch für den kleineren Bruder, der die Saab 105 ersetzen soll, gibt es eine Entscheidung.
Gesucht werden offenbar zehn Trainingsflugzeuge für die großen Überschalljets. Die neuen Flugzeuge sollen langsame Ziele wie Hubschrauber oder Kleinflugzeuge verfolgen können, also Luftpolizei sein. Bisher bekannt sind Angebote aus Italien für die M-346 (zum kolportierten Stückpreis von mehr als 30 Millionen Euro) und aus Großbritannien für die BAE Hawk (offenbar rund 40 Millionen Euro).
Nun steigt auch die tschechische Firma Aero Vodochody offiziell in den Ring. Am 12. Oktober möchte sie erstmals ihren neuen Kampfflieger L-39NG der Öffentlichkeit vorführen. Der KURIER durfte als erstes österreichisches Medium einen Blick auf den fast fertigen Prototypen werfen (fotografieren war aber verboten). „Wir haben Österreich ein attraktives Angebot gemacht“, erklärte danach Firmenchef Giuseppe Giordo. Aus dem Firmenumfeld werden Stückkosten von angeblich nur rund zwölf Millionen Euro kolportiert. Insgesamt soll es ein Angebot – inklusive Training und allem Drum und Dran – für 300 Millionen Euro geben. Verifizieren lässt sich diese Summe allerdings nicht.
Aus dem Regierungsumfeld wird dem KURIER bestätigt, dass der Jet Chancen hat, er würde sowohl zum Eurofighter als auch zum Gripen dazupassen. Als großer Vorteil wird ebenfalls der Preis genannt. Der Betrieb wäre billiger als etwa bei der M-346 oder der Hawk, die allerdings weit mehr Einsatzmöglichkeiten bieten.
Regierungsdeal
Denkbar wäre für den Zweitjet ein Government-to-Government-Deal mit dem Österreich eine langwierige Ausschreibung umgehen könnte. Die FPÖ und Tschechien (Mitglied der Visegrád-Gruppe) würden dabei durchaus zueinander finden können, zu Präsident Miloš Zeman gibt es freundschaftliche FP-Kontakte. „Die anderen zwei Flugzeuge sind zu teuer und zu komplex“, preist Projektleiter Marco Venanzetti seinen Jet an. Wie sein Firmenchef (und acht andere Mitarbeiter) ist er vom italienischen Hersteller der M-346 vor rund zwei Jahren zu Aero gewechselt. „Unsere Maschine deckt alles ab, von zero to hero. 80 Prozent des Fliegens heute ist das Bord-Trainingssystem und wir können den Eurofighter und den Gripen einspielen.“
Experten rechnen, dass Aero vor allem Chancen hat, wenn der Eurofighter weiterbetrieben wird. Das wird allerdings von den Entwicklungen im aktuellen Untersuchungsausschuss abhängen.
Der L-39NG (NG steht für nächste Generation) hat auch Minuspunkte gegenüber seinen Konkurrenten, eine entscheidende ist etwa die geringere Geschwindigkeit – der tschechische Jet erreicht 740 km/h und im Sturzflug bis zu 815 Stundenkilometer.
Schnelle Konkurrenz
Die „Hawk“ und die M-346 haben 200 bis 300 km/h mehr, im Sturzflug ist sogar Überschallgeschwindigkeit möglich. Während die Konkurrenten neben einem üblichen Verkehrsflugzeug bestehen, würde der tschechische Flieger abgehängt werden. Allerdings ist das nicht der Haupteinsatzzweck.
Kritisch gesehen wird mancherorts auch, dass die L-39NG komplett neu ist und Kinderkrankheiten nie ausgeschlossen werden können. Die „Hawk“ hat das andere Problem, sie basiert auf Jets der 70er-Jahre, die Frage ist hier, wie lange dieser Typ noch betrieben wird und wie es in einigen Jahrzehnten mit Ersatzteilen aussieht.
Deshalb wurde zuletzt die M-346 als Favorit genannt. Das möchte Aero nun verhindern, mit der neuen Maschine will man künftig groß einsteigen in den Bereich der kleinen Kampfjets.
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"Wir sind keine Ostblock-Firma"
Aero-Präsident Giuseppe Giordo über das Angebot an Österreich und mögliche Kinderkrankheiten.
KURIER: Es wird kolportiert, dass Sie Österreich ein Komplettangebot über 300 Millionen Euro gemacht haben...
Giuseppe Giordo: Zu genauen Summen sagen wir nichts, aber wir haben ein attraktives Angebot für bis zu 18 Maschinen abgegeben. Unser Flugzeug ist vom Training bis zu leichten Kampfeinsätzen und als Luftpolizei für Österreich perfekt einsetzbar.
Es ist ein völlig neuer Flieger, der natürlich Kinderkrankheiten haben könnte?
Unsere Lösung hat wenig Risiko. Wir haben die L-39NG bereits nach Senegal und an Firmen in Portugal und den USA verkauft. Wenn sogar Privatfirmen investieren, dann sieht man dass der Jet wohl gut sein wird. Aero hat bereits 11.000 Flugzeuge gebaut – so viele Jets wie kein anderer Hersteller weltweit. Wir sind keine Ostblockfirma, wird sind längst ein normales mitteleuropäisches Unternehmen. Die Technik ist ausgereift und stabil.
Sie kooperieren aktuell mit der oberösterreichischen Firma RO-RA. Werden auch österreichische Teile in dem neuen Jet verbaut?
Mit dieser Firma arbeiten wir an einem anderen Projekt, aber wir wären durchaus bereit für eine Zusammenabeit bei der L-39NG.
Aero ist eine Privatfirma, Österreich könnte einen Government-to-Government-Deal anstreben. Steht die tschechische Regierung hinter dem Angebot?
Absolut, die Regierung steht hinter uns. Bis hinauf zu Premierminister Babiš.
Der Erstflug der L-39NG soll erst zu Jahresende stattfinden, wann könnten sie denn mit einer Auslieferung nach Österreich beginnen?
Im zweiten Quartal des Jahres 2020. Wir haben ein Trainingscenter in Tschechien und können dort die Ausbildung beginnen. Alles ist möglich, aber wir benötigen eine Unterschrift. Österreich ist nicht unser einziger Kunde. Damit alles passt, ist eine Beschleunigung bei den Vertragsgesprächen notwendig. Wenn die Entscheidung erst zu Jahresende fällt, rechne ich mit einem fertigen Vertrag im Juni 2019.
Hat Österreich auch Jets mit Raketen angefragt?
Wir bieten Österreich die Trainingskonfiguration an, nicht die Angriffsversion.
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