ÖBB-Plan: Züge für 1700 Passagiere, aber ohne Personal

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Ab Dezember werden im Großraum Wien die neuen Stadler-Doppelstockzüge von den ÖBB eingesetzt. Großteils ohne Zugbegleiter.

"Die Züge bieten mit 486 Sitzplätzen pro Fahrzeug eine 20-prozentige Kapazitätssteigerung gegenüber den bestehenden Zügen", wird die neue Generation der Railjets angepriesen. Minister wie Leonore Gewessler (Grüne) oder Peter Hanke (SPÖ) priesen sie bereits an. Insgesamt werden 14 dieser neuen KISS-Doppelstock-Railjet-Garnituren bei Stadler bestellt, darunter auch eine etwas abgespeckte Version mit 380 oder knapp 600 Sitzplätzen für den Nahverkehr. 109 dieser "Dostos", wie sie im Fachjargon heißen, werden insgesamt angeschafft, die ersten werden ab dem Fahrplanwechsel im Dezember im Großraum Wien im Einsatz sein. 

Was bisher kein Thema war: Die abgespeckte Version soll großteils ohne Zugbegleiter betrieben werden. Eine Evakuierung etwa im Brandfalle müsste dann der Lokführer alleine durchführen.

Und das ausgerechnet kurz nachdem die Evakuierung eines von der ÖBB betriebenen ICE der Deutschen Bahn im Tunnel Hadersdorf auf der Weststrecke gewaltig schiefging. 

Erstmals Railjets als Doppelstockzüge

Railjet als Stadler-Doppelstock

Die ÖBB bestätigen entsprechende KURIER-Informationen: "Mit der Lieferung der neuen Stadler-Doppelstockzüge, die künftig auch auf der Franz-Josephs-Bahn eingesetzt werden, wird es künftig vermehrt Züge ohne Zugbegleiter geben. Eine vollständige Abschaffung von Zugbegleitern ist aber nicht vorgesehen", erklärt Sprecher Bernhard Rieder. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung gäbe es bereits seit 2010.

ÖBB: Zahl der Fahrgäste ist kein Kriterium

"Bereits heute sind auf der Franz-Josefs-Bahn einzelne Züge ohne Zugbegleiter unterwegs, sofern diese die technischen Voraussetzungen für den sogenannten 0:0-Verkehr erfüllen. Konkret sind das Cityjet-Züge vom Typ Desiro ML und Elektrotriebwagen der Reihe 4020.", so Rieder. "Gleichzeitig gilt nach den Vorgaben des Verkehrsverbunds, dass ein bestimmter Anteil dieser Züge dennoch mit Zugbegleitern besetzt wird."

Vergleiche mit Flugzeugen, wo ein Besatzungsmitglied auf 50 Passagiere kommt, um sicher evakuieren zu können, kontert man so: "Entscheidend ist nicht die Anzahl der Fahrgäste an Bord. Ausschlaggebend sind ausschließlich die technischen Eigenschaften des Fahrzeugs und die Zulassung der Strecke."

Kritik kommt hingegen von Bahn-Gewerkschafter Gerhard Tauchner: "Die Gewerkschaft vida betrachtet das Personal an Bord der Züge als unerlässlich für die Gewährleistung der Sicherheit und des Servicelevels. Bei technischen Störungen oder Bedrohungen ist ein geschulter Zugbegleiter entscheidend, um schnell zu handeln, Fahrgäste zu beruhigen, erste Hilfe zu leisten und Evakuierungen geordnet durchzuführen. Der Vorfall am vergangene Woche auf der Franz-Josefs-Bahn, bei dem ein Doppelstockzug der mit Zugbegleiter besetzt war evakuiert werden musste, hat dies erneut eindrucksvoll bestätigt."

Vida fehlt "tragfähiges Sicherheitskonzept"

Tauchner betont: "Die Verantwortung darf nicht allein auf den Triebfahrzeugführer abgewälzt werden. Letztlich hat der Triebfahrzeugführer in Notfallsituationen auch andere Aufgaben als die Fahrgäste zu beruhigen und in manchen Fällen darf er sein Fahrzeug an der Spitze auch nicht verlassen, etwa bei Störungen an der Fahrleitung", so der Gewerkschafter. "Die Fahrgäste sich selbst zu überlassen, wurde von uns immer kritisiert. Sich alleine auf externe Hilfe wie freiwillige Feuerwehren zu verlassen, ist kein tragfähiges Sicherheitskonzept. Sicherheit und Service dürfen nicht dem Kostendruck geopfert werden."

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