ÖBB der Baumeister: Wo die Bahn besser wird und wo nicht
Der Koralmtunnel ist fertig und auf der neuen, dadurch viel schnellen Südbahnstrecke mit der heute in Kraft getretenen Fahrplanänderung in den Regelbetrieb aufgenommen worden.
Was steht also als Nächstes am Programm, um Österreichs Position als Bahnland Nummer 1 zu halten, wie Infrastrukturminister Peter Hanke (SPÖ) bei der Präsentation des Rahmenplans unlängst gesagt?
Denn, und das ist unbestritten und wurde mit der Einführung des Klimatickets 2021 bestärkt: Österreich ist ein Land der Bahnfahrer. 2.160 Kilometer fährt der Österreicher pro Jahr und Kopf mit dem Zug. Das sind doppelt so viele Kilometer als im EU-Schnitt gefahren wird.
Weichenstellungen für die Schiene.
Zum Vergleich das Auto: In Österreich wurden zuletzt 7.770 Kilometer mit dem Pkw gefahren, der EU-Schnitt liegt bei 9.200 Kilometern. Ein Abbild der zur Verfügung stehenden Infrastruktur – denn das Straßennetz umfasst knapp 130.000 Kilometer, das Schienennetz besteht laut Analyse des Vereins Mobilität mit Zukunft (VCÖ) nur aus 5.600 Kilometern.
Und während allein das hochrangige Straßennetz von 2000 bis 2020 um 320 Kilometer gewachsen ist, gingen in dieser Zeit über 500 Kilometer Schienen verloren. Aber die ÖBB wollen mit Gesamtinvestitionen von 19,7 Milliarden Euro in den Jahren 2025 bis 2030 Verbesserungen erzielen.
Semmering-Tunnel macht Südbahn noch schneller
Nach dem Tunnel ist vor dem Tunnel. Die Südbahn wird mit dem Semmering-Basistunnel, der auch 26 Jahre Planungsphase bis zum Spatenstich im Jahr 2015 hinter sich hatte, weiter massiv verbessert.
Die erste normalspurige Gebirgsbahn Europas wurde von Carl Ritter von Ghega geplant und 1854 eröffnet.
Der zwar nicht, wie beim Spatenstich geplant, 2025 in Betrieb geht, sondern nach jetzigem Stand 2030. Von Wien ist man dann in 1 Stunde 50 in Graz (statt 2:40), in Klagenfurt in 2 Stunden 40 Minuten (statt 4 Stunden). Und natürlich rücken damit auch Italien (Rom, Venedig, Triest) näher an Wien heran.
Update für Wiener Stammstrecke
Wien ist mit einem der besten Öffi-Netz an sich gut aufgestellt. Nur auf der Stammstrecke – also dem Schienenstrang durch Wien – hakt es. Zum Teil gebaut in den 1850er-Jahren ist die Infrastruktur nicht auf 700 Züge täglich ausgerichtet. Deshalb das Upgrade, das mit 1,2 Milliarden Euro mehr Platz für noch dichtere Taktung der Züge schaffen wird. Dazu gibt es allerdings – zum Leidwesen der Pendlerinnen und Pendler – monatelange Sperren im Sommer.
Die Neugestaltung der Verbindungsbahn verzögert sich weiter
Ebenfalls ein wichtiges, aber stockendes Projekt: Die Verbindungsbahn. Erst im Sommer wurde ein Ausschreibungspaket von der ÖBB zurückgezogen, der zuletzt für 2025 geplante Baubeginn erneut verschoben. Laut Rahmenplan steht die Inbetriebnahme erst 2036 am Plan. Neu, aber wichtig: Die ÖBB nimmt Planungen für die Verlängerung der Vororte-linie zwischen Heiligenstadt und Praterkai als Teil des Wiener S-Bahn-Rings auf.
Im Zuge der Verbesserung der Infrastruktur ist im Rahmenplan auch der 4-gleisige Ausbau zwischen Meidling und Mödling geplant. Kostenpunkt: 1,7 Milliarden Euro, Fertigstellung 2035.
Der längste Bahntunnel der Welt
2004 wurden die Verträge zwischen Italien und Österreich unterzeichnet, seit 2007 wird von italienischer Seite her gebaut, seit 2009 auch von Österreich aus. Im September 2025 wurde ein erster grenzüberschreitende Durchstich gefeiert – vorerst nur bei einem Erkundungsstollen.
Zwei Mineure feiern den Durchstich beim Brennerbasistunnel.
Ob der Tunnel, der derzeit mit 5,8 Milliarden Euro Kosten auf österreichischer Seite veranschlagt ist, ein Erfolg wird, steht und fällt allerdings auch mit dem Brennerzulauf Nord.
Mit 64 Kilometern Länge wird er im Endausbau der längste Eisenbahntunnel der Welt sein und ab 2032 die Fahrzeit zwischen Innsbruck und Bozen um eine Stunde verkürzen.
Nord-Süd-Achse im Zentralraum
Mit dem neuen Fahrplan sind ab heute neue Interregio-Züge auf Schiene, einer davon verbindet Graz mit Linz. Diese Nord-Süd-Verbindung gilt als wichtige europäische Achse, 930 Millionen sind im Rahmenplan 2030 vorgesehen.
Im Zielnetz 2040 steht die Verbindung auch drinnen, mit der Einschränkung, dass der zweigleisige Ausbau „abschnittweise“ erfolgen soll. Für eine – wohlgemerkt fiktive – Inbetriebnahme 2040 wären samt neuem Bosrucktunnel 3,2 Milliarden Euro nötig.
Die Schleife Selzthal, die ermöglicht, dass Züge in dem Knotenpunkt nicht mehr umdrehen müssen, fehlt weiterhin. Und für die Verbindung zwischen Graz und Innsbruck bleibt es schwierig: Aktuell dauert die Fahrt zwischen beiden Städten in knapp sechs Stunden, die Planungen der ÖBB sehen eine Verkürzung auf bestenfalls knapp über fünf Stunden vor. Und das über Salzburg, wenn alles gut geht.
Weststrecke bei Linz top, bis Salzburg aber Flop
Recht gut unterwegs sind die ÖBB mit dem viergleisigen Ausbau der Westbahn zwischen Linz und Wels. Weiter Richtung Salzburg schaut es nicht mehr so gut aus. Dort bleibt der Ausbau auch im Zielnetz 2040 aus, die Strecke bleibt zumindest bis 2044 zweigleisig und kurvenreich, was die an sich schnelle Bahn erheblich bremst.
Die Innkreisbahn von Linz nach Deutschland gilt auch als wichtiges Projekt zwischen den Metropolen Wien und München. Im Zielnetz 2040 steht das Projekt mit 9,1 Milliarden Euro samt viergleisigem Ausbau im Raum Wels und dem Ausbau der bestehenden Innkreisbahn drinnen – allerdings ohne verbindlichem Zeitplan.
Nach Norden mit besserer Franz-Josefs-Bahn
Auf Schiene, wenn auch nur „selektiv“, wie es die ÖBB kryptisch formulieren, ist der Ausbau der Franz-Josefs-Bahn. Verschoben ist hingegen der Ausbau der Nordbahn von Süßenbrunn zur Staatsgrenze bei Bernhardsthal – und zwar von 2032 auf 2037.
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