ÖBB-Bremsbefehl an alle Lokführer
Im Spannungsfeld zwischen Pünktlichkeit und Sicherheit kommen die Lokführer derzeit in Bedrängnis. Denn Lieferfirmen haben Sicherheitsbedenken geäußert, dass 13 Prozent aller Bahnschranken in Österreich bei herannahenden Zügen womöglich nicht schnell genug schließen. Das Zeitfenster bis zum Vorbeifahren des Zugs sei nicht mehr ausreichend. Jetzt sollen die Lokführer als erste Konsequenz vor den betroffenen Bahnübergängen auf die Bremse steigen, um die Sicherheit weiterhin zu gewährleisten. Die Dienstvorschrift gilt laut ÖBB so lange, bis alle notwendigen Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen sind.
"Für unsere Lokführer ist das eine extreme Mehrbelastung. Bei dieser Anweisung wird der Faktor Mensch gemäß Arbeitnehmer-Schutzgesetz nicht berücksichtigt. Eine zusätzliche Absicherung der notwendigen Tempobremse durch automatische Anlagen wäre das Mindeste, aber dafür war offenbar keine Zeit mehr", kritisiert Gerald Trofaier von der Gewerkschaft "vida".
Zeitfenster
Laut Hersteller sollen rund 200 der bundesweit insgesamt 1500 Schrankenanlagen auf Strecken, die vorwiegend von Regionalzügen mit bis zu 160 Stundenkilometern befahren werden, betroffen sein. Bei den genannten Übergängen könnte es passiert sein, dass das übliche Sicherheits-Zeitfenster von drei bis sechs Sekunden unterschritten wurde. Das ist jene knappe Zeitspanne, die zwischen dem vollständig geschlossenen Schranken und dem Eintreffen des Zugs vergeht. "Anhand der Vorschriften, die es jetzt für jede einzelne betroffene Anlage gibt, können wir ungefähr erkennen, dass die meisten auf der Südbahnstrecke liegen", sagt Trofaier.
Die Ursachen der langsamen Bahnschranken sind noch nicht bekannt. Während die ÖBB von einem technischen Problem ausgehen, machen Insider das höhere Tempo moderner Züge dafür verantwortlich.
Wie auch immer: Als Sofortmaßnahme mussten die Lokführer das Tempo ihrer Züge vor den betroffenen Bahnkreuzungen zunächst um 30 Prozent reduzieren, um die Sicherheit der Autofahrer zu gewährleisten. Gestern, Mittwoch, wurde die Tempobremse auf 15 Prozent reduziert. "Damit ist der optimale Zeitpolster weiterhin gegeben", sagt ÖBB-Konzernsprecherin Christine Stockhammer.
Verzögerung
In den nächsten Wochen werden die 200 Schrankenanlagen genau überprüft und bei Bedarf nachgerüstet, was voraussichtlich Monate in Anspruch nehmen wird. Die Fahrgäste müssen mit 30 bis 60 Sekunden Zeitverzögerung pro Schrankenanlage rechnen. Von Villach bis Wien macht das laut ÖBB dennoch nur vier Minuten aus.
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