Nigerianer soll 17.000 Euro für seine Abschiebung bezahlen
Am Ende ging es dann erstaunlich schnell. Während Frank O. noch wegen eines Drogendeliktes im Gefängnis saß, kam die Entscheidung: Über den Nigerianer wurde ein Aufenthaltsverbot verhängt. Das war am 20.3.2018.
Schon rund eine Woche später, am 29., flog er in Begleitung von drei Beamten mit einem Flug der Lufthansa nach Lagos, Nigeria.
Doch mit der Abschiebung war für Frank O. das Kapitel Österreich nicht abgeschlossen. Bald darauf kam der Bescheid: Er sollte 17.727,70 Euro bezahlen.
Die drei Begleiter
Wer trotz Aufenthaltsverbot nicht freiwillig ausreisen will, der wird abgeschoben – sofern das Zielland sicher genug ist. Wer darüber hinaus im Verdacht steht, sich einer Abschiebung zu widersetzen, den begleiten Beamte bis zum Ziel. Für die Kosten muss man dann selbst aufkommen, so sieht es das Fremdenpolizeigesetz vor. Die Behörde war der Meinung, Frank O. würde sich widersetzen. Sein Anwalt, Edward Daigneault, sieht das anders.
"Es war sicher kein Widerstand zu befürchten", sagt Daigneault. O. sei nämlich mit einer Griechin verheiratet und genieße deswegen einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel in Griechenland. Am einfachsten wäre es gewesen, man hätte ihm ein Billigticket nach Athen gekauft, sagt Daigneault, der seinen Mandanten gegenüber der Behörde vertritt. "Das ist wirklich ein Unsinn", sagt er, "das geht gegen das Gerechtigkeitsempfinden." Notfalls werde er für O. mit seiner Beschwerde bis zum Bundesverwaltungsgericht gehen.
Im Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, BFA, klingt das anders. Seine Frau und Kinder würden sich nämlich in Österreich aufhalten. Deswegen wäre Widerstand zu befürchten gewesen. Außerdem gilt Frank O. in Augen der Behörde wegen diverser Suchtmittelvergehen als "allgemein gefährliche Person".
So sei die Entscheidung getroffen worden, zur Abschiebung drei Beamte mitzuschicken, erklärt die Wiener Regionalstelle des BFA in einem Schreiben, das dem KURIER vorliegt. Das BFA wirft O. darin außerdem vor, keine Schritte zur freiwilligen Ausreisen gesetzt zu haben.
Die Frage ist, wann O. diese Schritte setzen hätte können. Acht Tage liegen zwischen dem rechtskräftigen Aufenthaltsverbot und der Abschiebung. Eine einzige Nacht zwischen der Entlassung aus der Strafhaft und der Abschiebung. "Wann hätte er sich um die Rückreise kümmern sollen?", fragt Daigneault.
Die Kosten
Die Abschiebung sollte so schnell wie möglich geschehen, so erklärt die Behörde im Bescheid die hohe Summe. Über 17.000 Euro kosteten die Flugtickets von Lufthansa nach Lagos, Nigeria, und für die drei Beamten wieder zurück nach Wien.
Auf der Website der Lufthansa sind diese Flüge viel billiger zu erstehen. Wer am Vortag bucht, kann am Freitag, dem 18.1.2019 zu viert für 3.994,44 Euro nach Lagos - und am Samstag zu dritt für 3.100,59 Euro wieder zurückfliegen. Macht insgesamt 7.095,03 Euro. Ein Schnäppchen ist das vielleicht noch immer nicht, liegt aber deutlich unter den veranschlagten Kosten des BFA. Wer nicht am Vortag bucht, sondern ein paar Tage im Voraus, bekommt alle Tickets für rund 4.000 Euro.
First Class?
Das gilt allerdings nur für Reisen in der Economy-Class. Sollten die Beamten mit Frank O. in einer besseren Klasse gereist sein, würde das die hohen Flugkosten erklären. Von der Pressestelle des Innenministeriums gibt es dazu keine Informationen, eine Anfrage an das Bundesamt für Fremdenrecht und Asyl blieb unbeantwortet und die Lufthansa gibt keine Flugdaten ihrer Gäste preis.
"Die Behörde hat grundsätzlich verfahrensökonomisch zu handeln, verfügt aber hierbei nach der Rechtssprechung über einen großen Handlungsspielraum," sagt Kevin Fredy Hinterberger, Experte für Asyl- und Fremdenrecht an der Uni Wien. "Sind mehrere Möglichkeiten verfügbar, ist im Sinne einer sparsamen Verwaltung die billigste Variante zu wählen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl muss aber umgekehrt auch nicht tagelang Suchmaschinen durchforsten."
Bleibt die Frage, wie ein mittelloser Mann diese Summer begleichen soll? Gar nicht, sagt sein Rechtsanwalt Daigneault: "Normalerweise sind die Abgeschobenen nicht mehr erreichbar, dann verschwinden die Flugkosten im Akt."
Wer zahlt
Für Abschiebungen nach Nigeria werden hauptsächlich Charterflüge organisiert, antwortet Christoph Pölzl, Pressesprecher des Innenministeriums auf Anfrage des KURIER. "In manchen Fällen sind Einzelabschiebungen notwendig." Zu den außergewöhnlich hohen Kosten verweist er nur auf das Gesetz, das besagt, dass Personen für ihre Abschiebungen selbst aufkommen müssen und wenn sie das nicht können, muss der Bund zahlen.
Wie viel diverse Abschiebungen Österreich kosten, beantwortet Pressesprecher Pölzl nicht. Die Zahlen des BMI im Vergleichszeitraum Jänner bis Oktober zeigen, dass die Zahl der Abschiebungen ins Herkunftsland 2018 stark gestiegen ist. Aber auch freiwillige Rückkehr fand häufiger statt und stellt den Großteil der Ausreisen in die Heimat dar.
Die abgeschobenen Männer und Frauen haben nur im allerseltensten Fall die Mittel, um die Rechnung zu begleichen. Im Endeffekt bleiben die Kosten für Abschiebungen am Staat und damit indirekt an den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern hängen.
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