
© APA/BARBARA GINDL
Nicht gegendert: Millionen Strafzettel vernichtet
Weil auf Organmandaten die "Lenkerinnen" fehlten, tritt jetzt der Reißwolf in Aktion. Beamte beklagen "unnötigen" Verwaltungsaufwand.
Organmandate sind kein Grund zum Jubeln. Bis jetzt haben die Zettel im Postkartenformat ausschließlich die Empfänger geärgert – sind damit doch in den meisten Fällen Strafzahlungen für Verkehrsvergehen verbunden.
Aktuell geben Organstrafverfügungen aber auch der Polizei Grund zur Aufregung. Seit 1. August müssen die Strafzettel gegendert werden, also Formulierungen für beide Geschlechter enthalten. So will es die sogenannte Verwaltungsformularverordnung des Bundes.

Vernichten
Die alten Strafzettel müssen daher entsorgt werden. Die im Amtsdeutsch "streng verrechenbaren Drucksorten" müssen gesichert vernichtet werden. Und nicht nur das. Jeder Strafzettelblock eines Polizisten ist in der Regel 50 Blatt stark. "War nun dieser Block zum Umstellungszeitpunkt bereits angebrochen, müssen sämtliche noch darauf verbliebenen Strafzettel manuell im Computer storniert werden", erzählt ein Beamter. Grund dafür seien die fortlaufenden Nummern auf den Organmandaten.

Die Bezirksbehörden müssen die neuen Strafzettel anfordern, um alle Polizeiinspektionen damit zu versorgen. Während in kleineren Dienststellen noch Gender-Zettelengpässe vorherrschen, sind die Großen bereits voll ausgestattet. Bei der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten hat man sich auf die Umstellung vor Monaten vorbereitet. "Wir haben die entsprechenden Blöcke angefordert. Ich habe bis jetzt allerdings noch keine Beschwerden gehört", sagt BH-Chef Josef Kronister, zugleich Vorsitzender der Bezirkshauptleute-Konferenz.
Kosten
Dass die Umstellung Kosten verursacht, ist unbestritten. Wie viel, darüber hüllen sich alle Involvierten in Schweigen. Aus dem für Genderfragen zuständigen Frauenministerium ist zu erfahren, dass es kein eigenes Budget für derartige Umstellungen gibt. Die neuen Strafzettel stoßen jedenfalls auf Begeisterung: "Wir sind sehr erfreut, dass das Innenministerium sich hier entschlossen hat, auch sprachlich zu mehr Gleichstellung von Frauen und Männern beizutragen", sagt die Sprecherin von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek.
Die Polizei kann den Jubel nicht teilen. "Während meiner gesamten bisherigen Dienstzeit habe ich noch keine einzige Beschwerde aufgrund der Anrede am Strafzettel bekommen", schüttelt ein Polizeibeamter aus dem Waldviertel den Kopf.
Gleichheitsgrundsatz
"Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich [...] Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau", heißt es im Artikel 7 des österreichischen Verfassungsgesetzes.
Um diesem Grundsatz zu genügen, wurde die Verwaltungsformularverordnung geändert, die rund 60 Dokumente umfasst. Eine exakte Bestimmung, ab wann offizielle Schriftstücke gegendert sein müssen, gibt es dagegen nicht. Sämtliche Körperschaften sind aber angehalten, sich um entsprechende Formulierungen im eigenen Bereich zu kümmern.
Jederzeit und überall top-informiert
Uneingeschränkten Zugang zu allen digitalen Inhalten von KURIER sichern: Plus Inhalte, ePaper, Online-Magazine und mehr. Jetzt KURIER Digital-Abo testen.