Neues Buch über Insekten: Kleines kann Großes bewirken
Sie fliegen durch die Lüfte, graben sich durch die Erde, krabbeln darüber, leben auf offener See, auf Gletschern, in Wüsten und natürlich im (Regen-)Wald. Insekten bevölkern den Blauen Planeten in einer unermesslichen Artenvielfalt und das seit mehr als 400 Millionen Jahren.
„Insekten sind nicht unsere Mitbewohner, sie sind die Mehrheit. Ihre Biomasse entspricht der Biomasse aller Menschen plus der aller Nutztiere“, rechnet Dominique Zimmermann vor. In ihrem Buch „Insektengeflüster. Über das verborgene Leben auf sechs Beinen“ lenkt die Wissenschaftlerin am Naturhistorischen Museum Wien den Blick aber auch auf kleinste Details.
Zum Beispiel auf die Mistbiene, die eine Schwebfliege ist. Die Überfliegerin täuscht mit ihrem gelb-schwarz-gestreiften Kleid Feinde. Als Larve davor filtert sie Bakterien und faulende Pflanzen aus dem Wasser, während sie mit dem „Rattenschwanz“ Luft schnorchelt. Nach der Metamorphose – einem evolutionär äußerst erfolgreichen Konzept – segelt sie vor dem Winter über die Alpen bis in den Mittelmeerraum. „Das kleine Tier legt ein hoch komplexes Verhalten an den Tag“, schwärmt die Biologin.
Das gilt auch für die kriegerischen Amazonenameisen. Mit starken Beißwerkzeugen und überlegener Kraft ausgestattet, kundschaften sechsbeinige Scouts Wirtsnester für die Arbeiterinnen aus; die Sklavinnen versorgen dann die erbeuteten Larven und Puppen. „Es klingt so exotisch, dabei gibt es diese Sklavenhalter auch bei uns“, sagt Zimmermann und schwenkt zur Blauen Holzbiene, die es ihr besonders angetan hat. Die schillernde Stechimme überwintert als Imago und kann so mit den ersten Sonnenstrahlen in den Frühling starten.
Der Tabakschwärmer wiederum zählt zwar nicht zu den rund 40.000 heimischen Insektenarten, doch seine Gedächtnisleistung soll nicht nur im Buch erzählt sein: In einem Experiment wurden Raupen auf bestimmte Gerüche sensibilisiert. Fand das Training in späten Stadien statt, konnten sich selbst die Schmetterlinge daran erinnern.
„Insekten sind cool. Darüber hinaus sind sie sehr wichtig für das Ökosystem“, betont die Autorin; im Buch sind den „Nutztieren“ viele Seiten gewidmet. Sie halten den Kreislauf der Natur am Laufen, indem sie die Nahrungskette bereichern und als Zersetzer an Land wie zu Wasser aufräumen. Nicht zuletzt stellen die Bestäuber die Lebensmittelversorgung sicher.
„Wir sollten uns auf diese Lebewesen einlassen – z.B. über Bestimmungs-Apps – und mit der Natur in Kontakt kommen. Das gilt vor allem für Kinder“, ist Zimmermann überzeugt, dass Kleines Großes bewegen kann: „Mit Empathie für Insekten lässt sich die Welt retten.“
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