Neue Straßenbahntrasse in Graz: "Ja, auch die Autos haben Platz"

Eine blau-gelbe Straßenbahn fährt durch die Innenstadt von Graz.
Ende 2025 soll die Ausweichstrecke für das Nadelöhr Herrengasse fertig sein, Baustart ist am Montag.

Eine 1,2 Kilometer lange, neue Straßenbahntrasse macht viel aus, jedenfalls für Graz. Erstens, weil damit nach gut 30 Jahren Debatte tatsächlich eine Entlastungsstrecke in der Innenstadt gebaut wird. Bis jetzt fahren alle Straßenbahnlinien durch die Herrengasse und am Hauptplatz vorbei: Gibt es dort einen Defekt oder eine Sperre, dann steht der schienengebundene Öffi-Verkehr großteils.

Bespielte Baustelle

Zweitens – und das gestehen Stadt- wie Landespolitiker ein: Auf die Grazer Verkehrsteilnehmer kommt wegen der Bauarbeiten mitten an neuralgischen Verkehrspunkten "eine gewisse Durststrecke" zu, wie Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) es nennt. "Das Projekt ist von viel Unruhe und Aufregung begleitet, aber auch von viel Freude. Die dürfen wir uns nicht nehmen lassen." Damit es auch die Grazer so sehen, die mit ihren Kfz nun einige Umwege fahren müssen, oder die Anrainer, wird die Baustelle auch bespielt: Es soll Feste geben, die Künstler von "La Strada" lassen sich auch etwas einfallen, kündigt Schwentner an.

Kommenden Montag beginnen die ersten Arbeiten, mit ihnen gibt es auch die erste kleinere Straßensperre in der Innenstadt. Ab Juni folgen dann bis Anfang 2024 sukzessive jene notwendigen Sperren oder Behinderungen, die im Früh- und Abendverkehr durchaus spürbar sein werden auf Radetzkystraße, Andreas-Hofer-Platz, Belgiergasse und Tegetthoffbrücke.

Die aus 1974 stammende Brücke braucht sogar einiges an mehr an Aufmerksamkeit, denn sie ist noch nicht fit für die Belastungen durch Straßenbahnen. Sie muss verstärkt und um eineinhalb Meter verbreitert werden. "So eine Baustelle ist eine große Herausforderung", merkt SPÖ-Vizelandeshauptmann und Verkehrsreferent Anton Lang an. "Auch der Zeitplan ist ambitioniert."

Jede zweite Garnitur

Bereits Ende November 2025 sollen die ersten Straßenbahnen über diese neue Route fahren, jede zweite Garnitur der Linien 6 und 7 werden dann statt durch die Herrengasse so in Richtung Hauptbahnhof beziehungsweise weiter in den Grazer Westen geführt. Die neue Strecke reicht vom Jakominiplatz über den Andreas-Hofer-Platz bis zur Vorbeckgasse, wo sie dann in der Annenstraße an das bestehende Schienennetz angeschlossen wird.

Eine wichtige Chance für Graz, betont Schwentner. Denn es werde nicht nur ein größeres Gebiet mit Straßenbahnen erschlossen, sondern es würden gleichzeitig auch für mehr Radwege oder breitere Gehwege errichtet. "Das Viertel wird sich im Ganzen verändern. Und ja, auch die Autos haben Platz, aber es wird eine andere Verteilung geben." Die wirkt sich jedenfalls auf die Stellflächen für Autos ab: Mit dem Start der neuen Straßenbahnlinien fallen 78 Pkw-Parkplätze entlang der Route weg. Doch auch ein gutes Dutzend Bäume musste dem Bau bereits weichen.

38 Millionen Euro hat die Stadt Graz für die Trasse veranschlagt, Geld, das auch vom Land Steiermark kommt. Doch das soll erst der Beginn eines völligen Öffi-Umbaus in Graz sein: Mit einem fünf Kilometer langem Tunnel soll künftig auch die S-Bahn vom Hauptbahnhof in die Stadt fahren, die Detailplanung dazu fehlt aber noch.

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