Nach OGH-Urteil: Zahlreiche Testamente könnten ungültig sein

Nach OGH-Urteil: Zahlreiche Testamente könnten ungültig sein
Wenn Zeugen nicht auf der Urkunde unterschrieben haben. Urteil erging im Zusammenhang mit einem Erbschaftsstreit in Vorarlberg.

Ein Testament ist ungültig, wenn die Zeugen nicht auf der Urkunde direkt unterschreiben. Zu diesem Urteil kam jetzt der Oberste Gerichtshofs (OGH) im Zusammenhang mit einem Erbschaftsstreit in Vorarlberg. Das Urteil dürfte für ganz Österreich richtungsweisend sein. Denn in Österreich werden zahlreiche Testamente auf einem extra Zettel unterfertigt und sind damit ungültig.

"In Hinkunft darauf achten, dass Zeugen direkt auf der Urkunde unterschreiben."

von Rechtsanwalt Martin Mennel

"Das Urteil ist so weitreichend, dass jeder Notar, Rechtsanwalt und alle, die Testamente gemacht haben, gut beraten sind, diese zu überprüfen und in Hinkunft, darauf zu achten, dass Zeugen direkt auf der Urkunde unterschreiben", bestätigte Rechtsanwalt Martin Mennel der APA einen Bericht des ORF Vorarlberg. Mennel selbst rief das Höchstgericht in einer Testamentssache an, in der er die Tochter der Verstorbenen vertritt.

Am Sterbebett mit Rechtsanwalt aufgetaucht

Diese hatte ein Testament angefochten, dass eine angebliche Freundin der Mutter vorgelegt hatte. Die Freundin war mit Rechtsanwalt und Sekretärinnen am Sterbebett der Erblasserin mit einem vorgefertigten, maschinengeschriebenen Testament aufgetaucht, das sie zur Alleinerbin machen sollte. Die im Sterben liegende Frau unterschrieb das Testament, ebenso wie die beiden Sekretärinnen und eine Krankenschwester als Zeugen. In erster und zweiter Instanz erklärten die Gerichte die Willensverfügung als gültig.

Beim OGH bekam Mennel allerdings Ende Juni Recht. Das Testament wurde aus formalen Gründen für ungültig erklärt. Seine Entscheidung fasste der OGH folgendermaßen zusammen: "Ein fremdhändiges Testament ist formungültig, wenn die Testamentszeugen nicht auf dem Blatt (oder den Blättern) mit dem Text der letztwilligen Verfügung, also 'auf der Urkunde selbst' unterschrieben haben. Die Anbringung der Unterschriften auf einem zusätzlichen losen und leeren Blatt reicht für die Erfüllung der Formvorschrift nicht aus."

Thema Testament - fünf Fragen & Antworten

Was ist ein Testament? Ein Testament ist eine schriftliche Erklärung des Erblassers, an wen das zum Zeitpunkt seines Todes vorhandene Vermögen zur Gänze oder nur teilweise übertragen werden soll. Diese Erklärung ist jederzeit widerruflich.

Wer kann Testamentszeuge sein? Testamentszeugen müssen mindestens 18 Jahre alt sein und die Sprache desjenigen, der das Testament errichtet, verstehen. Zusätzlich ist es notwendig, dass sie mit den im Testament bedachten Personen in keinem nahen Verwandtschaftsverhältnis stehen. Die Unterschrift der Testamentszeugen muss am Ende des Testamentes erfolgen - und zwar unbedingt mit einem auf die Zeugenschaft hinweisenden Zusatz.

Was kostet ein Testament? Die Kosten für die Erstellung eines Testamentes hängt vom jeweiligen Fall ab. Ihr Notar kann Ihnen behilflich sein kann. Wichtig: Die erste Rechtsauskunft ist immer kostenlos.

Wo wird das Testament hinterlegt? Jedes Testament, das bei einem Notar hinterlegt ist, muss dieser im Österreichischen Zentralen Testamentsregister registrieren. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Ihr letzter Wille im Todesfall bekannt wird. Dabei wird nicht das Dokument selbst in der Datenbank registriert, sondern die Tatsache der Errichtung und der Ort der Hinterlegung (zB beim Rechtsanwalt).

Was ist ein Erbvertrag? Durch einen Erbvertrag haben Ehegatten die Möglichkeit, sich wechselseitig zum Erben einzusetzen. Allfällige Kinder oder Eltern werden dadurch auf den Pflichteil beschränkt. Im Unterschied zum Testament kann ein Erbvertrag im Nachhinein nur mit Zustimmung beider Ehegatten abgeändert werden. Zur Gültigkeit eines solchen Vertrages bedarf es eines Notariatsaktes und der Anwesenheit von zwei Zeugen.

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