Molkereien drängen auf Corona-Hilfe

Nicht alle Bauern fühlen sich damit wohl ihre Tiere nach zwei Jahren zum Schlachten in fremde Hände zu übergeben.
Minus 80 Prozent bei Lieferungen an Gastronomie und Tourismus. Deutliches Plus bei Biomilch.

Für die Milchbauern ist die Corona-Krise ein finanzielles Problem und auch ein finanzieller Vorteil. Ob man zu den Verlieren oder zu den Gewinnern gehört, hängt davon ab, ob der Milchbauer den Lebensmitteleinzelhandel beliefert oder Gastronomie und Tourismus.

Wegen des Lockdowns und den ausgebliebenen Touristen haben Gastronomie und Tourismusbetriebe im Vorjahr deutlich weniger Milchprodukte gekauft. Davon betroffen sind vor allem Molkereien in Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten. Helmut Petschar ist Präsident der Vereinigung österreichischer Milchverarbeiter und Geschäftsführer der Kärntnermilch. Laut Petschar betragen die Lieferrückgänge an die Gastronomie in den genannten Bundesländern „zwischen 60 und 80 Prozent“.

Gleichzeitig ist der Absatz von Milch und Milchprodukten im Lebensmitteleinzelhandel und in der Direktvermarktung vom Bauernhof deutlich gestiegen. So wurden im Supermarkt um 15 Prozent mehr Butter und um zehn Prozent mehr Käse verkauft.

Das ist auch kein Wunder. Angesichts geschlossener Restaurants und Kantinen wurde mehr zu Hause gegessen. Molkereien, die den Lebensmitteleinzelhandel beliefern, haben daher ein gutes Geschäft gemacht.

Mehr Exporte

Dazu kommt, dass es auch beim Export von Milchprodukten mit einem Plus von 4,5 Prozent gut gelaufen ist. Das Hauptexportprodukt ist Käse. Etwas mehr als die Hälfte der Exporte gehen nach Deutschland.

Zu den Gewinnern gehören auch jene Milchbauern, die auf Biomilch gesetzt haben. Auch hier ist die Nachfrage gestiegen. Offenbar hat die Corona-Krise Konsumenten dazu motiviert, teurere Bioprodukte zu kaufen.

Obwohl einige Molkereien in West- und Südösterreich massive Umsatzrückgänge hinnehmen mussten, sind die Umsätze der Milchbranche in Österreich insgesamt um 3,2 Prozent auf 2,95 Milliarden Euro gestiegen.

Bisher wurde der Ruf der Milchwirtschaft nach einer Corona–Hilfe für Molkereien mit großen Umsatzeinbrüchen nicht erhört. Petschar wiederholte diese Forderung: „Wir hoffen, dass es wenigstens heuer eine Hilfe für uns geben wird.“

Derzeit bekommen die Bauern für einen Liter Milch von den Molkereien durchschnittlich 34,3 Cent je Liter. Die Erzeuger-Milchpreise sind mit leichten Schwankungen seit vier Jahren stabil. Auf dem internationalen Milchmarkt sind die Preise hingegen deutlich gestiegen. Im Lebensmitteleinzelhandel beginnen die Preise für einen Liter Milch bei rund einem Euro.

Die großen Drei

Wenn es um den Milchpreis geht, sind nicht die Molkereien die großen Player, sondern die großen Lebensmitteleinzelhändler Rewe (Merkur, Billa), Spar und Hofer. Ohne die drei Händler bleiben lediglich Gastronomie und Tourismus als Absatzmärkte. Die meisten Molkereien sind Genossenschaften und gehören den Milchbauern. Die Gewinne der Molkereien betragen rund 1,5 Prozent vom Umsatz.

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