Verpatzter Urlaub? Wann es Geld zurück geben kann

Ohne positive Einstellung zu sich selbst kann man auch gegenüber anderen nicht positiv sein
Die neuesten Urteile. Mit wie viel Prozent Preisminderung frustrierte Urlauber für Reisemängel rechnen dürfen

Die Urlauber aus Wien – lärmgeplagt von den unzähligen Baustellen in der Stadt – hatten extra ein „ruhiges Hotel“ gebucht. Und was erwartete sie nach der Ankunft? Baulärm durch Presslufthammer und Bagger, acht Stunden am Tag, hörbar bis zum Strand. Läppische 20 Prozent Abschlag vom Pauschalpreis billigte das Handelsgericht Wien den frustrierten Urlaubern nach ihrer Heimkehr zu.

Demgegenüber gab es fette fünf Prozent dafür retour, dass der Pianist im Hotel, in dem ein Animationsprogramm gebucht worden war, bloß zwei Mal am Abend in die Tasten gegriffen hatte.

Der auf das Reiserecht spezialisierte Wiener Anwalt Eike Lindinger hat für seine Wiener Liste (siehe Zusatzinfo unten) wieder die Hitparade der Reisemängel zusammengefasst und dargestellt, mit wie viel Prozent Rückzahlung man nach einem verpatzten Urlaub rechnen darf.

Lästige Insekten sind in der Regel kein triftiger Grund, mit dem man Ansprüche geltend machen kann: Das einzelne Auftreten von Ameisen im Hotelzimmer stellt keinen Mangel dar. Überhaupt dann, wenn der Urlauber darauf bestanden hatte, ein ebenerdiges Zimmer zu bekommen. Wenn den Gästen an der Rezeption ein Ameisenspray in die Hand gedrückt wird, sind auch mehrere durch das Zimmer krabbelnden Viecher kein Mangel. In Sri Lanka müssen Sandmücken samt Auswirkungen hingenommen werden, das fehlende Fliegengitter vor dem Fenster berechtigt jedoch zu fünf Prozent Preisminderung.

Würmer im Pool

Wenn der Duschvorhang so kurz ist, dass Wasser darunter auf den Fußboden im Badezimmer rinnt, wird das vom Gericht bloß als Unannehmlichkeit gesehen. Zerschlissene Handtücher werden immerhin mit drei Prozent Abzug bewertet, ebenso wie „wurmförmige Verunreinigungen“ am Pool. Fehlende Vorhänge und Leselampen am Bett bringen fünf Prozent zurück, wie auch braunes Obst und faule Eier am Frühstücksbuffet.

Dass im Hotelzimmer nur gefegt wird, aber die Nassreinigung unterbleibt, wird mit zehn Prozent Abzug bewertet. Ebenso zehn Prozent bekamen Reisende zugesprochen, die in der Nacht bei offener Zimmertür schlafen mussten, um den Gestank der frischen Wandmalerei zu ertragen.

Als sich am Wochenende hunderte Einheimische in einem Südsee-Hotel mit bloßen Händen über das Buffet hermachten und sich Kärntner Urlauber nach ihrer Heimkehr darüber beschwerten, bekamen sie vom Richter zu hören: So etwas ist kein Reisemangel, das erscheine „im Zeitalter von Fingerfood“ nicht verwerflich.

Die höchsten Preisabzüge bekamen diesmal Urlauber zugesprochen, die auf einer Kreuzfahrt in ihrer Kabine vom Lärm einer Wasserpumpe betroffen waren. Diese dröhnte während der gesamten Schiffsreise im Intervall von wenigen Minuten ununterbrochen. Das Gericht verurteilte den Reiseveranstalter zur Rückzahlung von 40 Prozent des Pauschalpreises.

Dass ein Gast seine Juniorsuite – also ein exklusiver ausgestattetes, größeres Zimmer – erst mit elf Stunden Verspätung beziehen konnte, brachte ihm 50 Prozent Abzug vom Zimmerpreis für diesen Tag ein.

Wobei Anwalt Lindinger zu bedenken gibt, dass für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit einer Urlaubsreise von entscheidender Bedeutung ist, ob eine Luxusreise (Kreuzfahrt) oder eine Billigreise gebucht wurde.

Und es kommt auf den Zweck der Reise an: Bei einem Badeurlaub ist die Ausstattung des Zimmers weniger bedeutend als der Zustand des Strandes, bei einer Studienreise sind die Angebote zur Besichtigung wesentlicher als die Erholung.

Die Wiener Liste hilft als Orientierungshilfe für Klagen

Früher wurde der Urlauberfrust auch in Österreich gern mit der Frankfurter  Tabelle (Sammlung deutscher Urteile zum Reiserecht) gemessen. Seit einigen Jahren dient die  jährlich aktualisierte Wiener Liste (erhältlich bei MANZ) von Anwalt Eike Lindinger als Orientierungshilfe.  Sie enthält Urteile zur Reisepreisminderung jener Gerichte, bei denen die meisten Rechtsstreitigkeiten zwischen Reiseveranstaltern und Urlaubern ausgetragen werden.  Wobei die Urlauber beim Aufspüren von Mängeln immer erfinderischer werden. Das geht von Staubflankerln im Zimmer bis zum beanstandeten Anblick von weidenden Kühen am Strand.  Bevor man Mängel beklagt, sollte man beachten: Andere Länder, andere Sitten. Wenn man Bali in der Regenzeit bucht, darf man sich nicht beschweren, wenn es regnet. Und dass im hoch gelegenen Tibet mit Höhenkrankheiten zu rechnen ist, gehört ebenfalls zum Allgemeinwissen. Bindend ist die Wiener ebenso wenig wie die Frankfurter Liste. 

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