"Wer noch nie Hirschkalb-Beuschel gegessen hat, der hat sowieso was versäumt“

von Achim Schneyder
Es ist keine rasend große Bildungslücke, Pömling nicht zu kennen. Aber ein kleines Versäumnis ist es schon. Kulinarisch betrachtet. Denn Pömling, 52 Einwohner groß und eine der zwölf Katastralgemeinden der als westliches Tor zur Wachau bekannten Marktgemeinde Emmersdorf an der Donau, ist Heimat der Familie Langthaler. Und die betreibt in Pömling 14 ein Wirtshaus samt Bauernhof. In achter Generation übrigens, oder, anders gesagt, seit unglaublichen 201 Jahren. „Und die neunte Generation scharrt schon in den Startlöchern“, erzählen Wirt Franz Langthaler und seine Frau Sonja und beziehen sich dabei auf die Geschwister Claudia und Patrik, die längst mitmischen im täglichen Geschehen und zur Freude der Eltern beschlossen haben, Haus und Hof eines Tages übernehmen zu wollen. Und immer noch mischen auch Franz’ Eltern mit, Mama Margarete als Erdäpfelsalat- und Knödelbeauftragte in der Küche, Franz sen. im Reich der Tiere.

Familie Langthaler: Alle mischen mit
Und Tiere spielen eine zentrale Rolle im Leben und in der Küche der Langthalers. Franz, sein Vater und beide Kinder sind Jäger. Gehen die vier im gepachteten Revier auf die Pirsch, kommen sie gerne mit Wildschwein, Hase oder Reh zurück auf den Hof, wo alles zum späteren Wohl der Gäste fachgerecht verarbeitet und bis zum Endprodukt veredelt wird.
Kein Stress
Dem aber nicht genug, bevölkern Strohschweine den Saustall und Rotwild das riesige Gehege, das direkt an den so herrlich in die Wachauer Hügelwelt gepflanzten Hof grenzt. „Die Hirsche, wobei es sich stets um den Nachwuchs aus dem Vorjahr handelt, werden direkt im Gehege und nie aus der Gruppe herausgeschossen, und unser eigener Schlachtraum für die Schweine liegt keine zehn Meter vom Stall entfernt. Die Tiere haben also keinen Stress, weder Transportstress noch sonst irgendeinen“, sagt Franz, verschwindet kurz in der Küche und kommt mit einer Wurst zurück. „Zum Kosten“, sagt er. „Das Hirschnusserl, eine Eigenkreation.“

Herrlich, denke ich nach dem ersten Bissen und sage es auch, will dann aber doch wissen, wieso die so heißt, wie sie heißt. „Weil sie aus 65 Prozent Fleisch vom Hirschkalb, 20 Prozent Speck vom Strohschwein und – und jetzt kommt’s – 15 Prozent gehackten Walnüssen besteht. Die Zutaten werden gewürzt und im Kutter vermengt, kommen dann in Naturdärme und schließlich zum Kalträuchern in die Selchkammer. Am Schluss werden sie noch zwei Wochen luftgetrocknet, und fertig ist eine wunderbare Rohwurst, die ausschließlich aus Zutaten vom Hof besteht.“
Wo?
Pömling 14, 3644 Emmersdorf, 02752/71427, gasthaus-langthaler.at
Wann?
Bis inklusive März Fr, Sa und So ganztägig ab 11 Uhr, von April bis Oktober zusätzlich am Mi und Do ab 15 Uhr
Was & wie viel?
Große Mittagskarte mit Klassikern wie Hirschkalbsbeuschel (14,90.-) oder Schweinsbraten (14,80.-) von 11 bis 14 Uhr, ab 15 Uhr Heurigenkarte (Brettljause 9,20.-, warme Saumaisen 7,50.-, Blunzngröstl 9,60.-). Auch vegetarische und vegane Speisen im Angebot!
Warum?
Weil’s weit mehr ist als bloß ein Gasthaus in traumhafter Lage und man sieben Tage die Woche rund um die Uhr im Shop Langthaler-Produkte für den Hausgebrauch erstehen kann
Alles vom Hof also. Weil’s eben auch sechs stattliche Nussbäume gibt. Und rund 80 Obstbäume. Birne, Kirsche, Zwetschke, Apfel. Und alles wird an Ort und Stelle verwertet. Wirft man nun einen Blick in die Speisekarte, fällt auf, dass es kein Kalb und kein Rind gibt. „Damit hat der Vater 1979 aufg’hört“, sagt Franz, „und ich hab nicht wieder damit angefangen, weil je weniger Mehraufwand, desto mehr Lebensqualität. Radfahren im Sommer und Skifahren im Winter statt Misten und Melken. So gibt’s die klare Suppe mit den Leberknödeln eben vom Wild und statt Rinds- oder Kalbsgulasch gibt’s Hirschgulasch und Schnitzel gibt’s vom Schwein. Und wer noch nie ein Beuschel vom Hirschkalb gegessen hat, der hat sowieso was versäumt.“
Drumherum
Wie sehr sich die Langthalers der Region verschrieben haben – Hühner, Erdäpfel, Käse, Schnäpse oder etwa Öle stammen von befreundeten Produzenten aus der Umgebung –, zeigt sich nicht zuletzt beim Eis. „Die Tochter“, erzählt Franz, „hat eines Tages beschlossen, dass wir nicht länger Eis von Mövenpick anbieten, sondern nur noch Bioeis vom Hansinger aus Kilb. Und das Echo der Gäste spricht eine deutliche Sprache.“
Alle Neune, alle drei
Wobei viele der Gäste, speziell Familien mit Kindern, nicht allein der Küche wegen zum Langthaler kommen, sondern gerne auch wegen des ganzen Drumherums. „Wir bieten Reitkurse an, Kutschen- und Traktorfahrten, stellen Picknickkörbe für Spaziergänge zusammen, für die Kleinen gibt’s einen Streichelzoo und einen über 3.000 Quadratmeter großen Abenteuerspielplatz und seit 1999 draußen eine auf alt gemachte, überdachte und 31 Meter lange Holzkegelbahn, wo man die Kegel noch händisch wieder aufstellen muss.“ Und hat man nach „alle Neune“ dann Appetit auf einen Braten vom Schwein, hat man die Wahl: Schopf, Karree oder doch Bauch? Ein kleiner Tipp: am besten alle drei.
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