Manuel Ressis kulinarisches Heimspiel im Bärenwirt in Hermagor
Manuel Ressi, der Koch vom Bärenwirt.
Von Achim Schneyder
Das Handy läutet, und auf dem Display erscheint keine Nummer, sondern ein ihm bekannter Name, also meldet sich Manuel Ressi nicht mit „Ressi“, sondern mit „Servus Johannes, was gibt’s?“ Dann ein kurzes Zuhören, dann ein erfreutes „Super, danke, bringst du’s gleich vorbei?“ Einer der Gailtaler Jäger war’s, und gleich vorbeibringen wird der Waidmann ein Reh. „Noch in der Decke“, sagt Manuel, „aber dafür schon aufgebrochen, und zerteilen tun's wir.“
Hier beim „Bärenwirt“ in Hermagor schmeckt’s also so richtig nach Gailtal und Umgebung, und zwar von A bis Z. Von A wie Angusrind vom Biohof Robert Herzog aus dem Nachbarort Podlanig bis Z wie Ziegenkäse von Astrid Fuchs-Zerbst aus dem nur wenige Kilometer entfernten Nötsch. „Meine Küche“, sagt Manuel, „ist eine Hommage an die Vielfalt und Qualität der Region.“
Eine Region, mit der Ressi eng verwurzelt ist. Geboren in Villach und aufgewachsen im Gailtal, ging er nicht weit von Daheim im Bleibergerhof in Bad Bleiberg bei Alfred Süßenbacher in die Lehre, „weil ich nach der Pflichtschule beschlossenen hab’, nicht auch noch bis zur Matura in die Schule gehen zu wollen.“ Und warum Koch, obwohl Manuel gastronomisch so gar nicht vorbelastet war? „Weil ich gedacht hab’, dass man als Koch gut verdient und viel in der Welt herumkommt.“
- Wo?
Hauptstraße 17, 9620 Hermagor, 04282/2052, baerenwirt-hermagor.at. - Wann?
Küchenzeiten Do. bis Mo. 12 bis 14 und 18 bis 20 Uhr (letzte Annahme). - Was und wie viel?
Fine-Dining-Menü von 76 € (vier Gänge) bis 148 € (acht Gänge). Wirtshausklassiker: Rindsuppe mit Einlage (7 €), Beef Tatar (20 €), Backhendl (26 €), Schnitzel vom Schwein (19 €), vom Kalb (28 €), Rib Eye Steak (38 bis 48 €), Kärntner Kasnudeln (18 €), Gailtaler Ripperl (26 €); Desserts: Eis & Sorbet (12 €), Palatschinken (12 €), der legendäre Kaiserschmarrn (18 €). - Warum?
Weil’s Manuel Ressi versteht, ein Wirtshaus und Restaurant für alle zu sein. Egal ob schneller Hunger oder stundenlanges Dinieren, hier ist jeder Typ Gast willkommen. Die Gerichte aus dem Menü kann man auch einzeln als größere Portionen bestellen.
Tja, gekommen ist er dann lediglich bis nach Deutschland, denn schon in den frühen 2000ern heuerte Manuel in Wien im alten „Steirereck“ in der Rasumofskygasse unter Küchenchef Helmut Österreicher an und übersiedelte schließlich mit in den Wiener Stadtpark, wo er im neuen „Steirereck“ recht bald Heinz Reitbauers Souschef war und bis 2013 blieb.
„Dann haben sich aber zwei Fragen gestellt: Wo wollen Claudia und ich unsere Töchter, die damals zwei und vier waren, aufwachsen sehen, und wo wollen wir alt werden? Außerdem stand mir, und ich war immerhin schon 36, der Sinn nach Selbstständigkeit.“ Und so ging’s ab nach Hause.
Die doppelte Speisekarte
Das Gasthaus Palmenig in Latschach bei Hermagor, das einem Freund gehörte, war Manuels erste Station, doch bald schon ergab sich die Möglichkeit, den alteingesessenen „Bärenwirt“ direkt gegenüber der Kirche am Hauptplatz von Hermagor zu pachten. Und so gibt’s nun seit exakt zehn Jahren und zwei Monaten in einem schmucken Bürgerhaus in der Altstadt ein Restaurant, das gleichzeitig ein Wirtshaus ist, respektive ein Wirtshaus, das gleichzeitig ein Restaurant ist. Direkt neben der Kirche haben Claudia und er schließlich noch die Dependance „Kleiner Bär“ eröffnet, ein Haus mit drei Gästezimmern, einem Gast- und Frühstücksraum, einer Terrasse und einer Küche, in der auch Kochkurse stattfinden.
Ressi für Zuhause: Sprühsalze und Gutes aus Flasche & Glas.
„Magst was essen?“, fragt Manuel. Ich bejahe und er gibt mir die Karte. Und rasch ist klar, warum hier – speziell zu Mittag – gerne die Einheimischen sitzen und – speziell am Abend – auch Gourmets aus weiterer Ferne.
Bärenwanderung oder Fischerei?
Auf der Karte findet sich nämlich einerseits und unter dem Titel „Bärenwanderung“ auf einer Seite das aktuelle Acht-Gang-Menü mit Gerichten, die Namen wie „Fischerei“ (Seesaibling, Datteltomaten, Gailtaler Kiwi, Lauch), „Dolomiten“ (Entenhaxl, Sellerie, Tomatillos, Oxymel), „Krautacker“ (Spitzkraut, Paprika, Fleckerl), „Sandbank“ (Huchen, Pastinake, Herbsttrompeten) oder „Streuobstwiese“ (Reh, Kletzen, Polenta, Brokkoli) tragen, andererseits gibt’s die Seite mit der „Wirtshausklassik“ mit Rindsuppe, Kärntner Kasnudel, Ripperl, Schnitzerl oder Backhendl.
„Das Menü gibt’s aber auch schon ab vier Gängen“, sagt Manuel. „Und, was magst?“ „Die Ripperl bitte“, sag’ ich. „Rippalan, sehr gut“, sagt er, „die sind ein Klassiker seit dem Tag, an dem wir eröffnet haben.“
Ein Klassiker der ersten Stunde: die Gailtaler Ripperl.
Aus gutem Grund, denk’ ich mir wenig später, weil sie eine Sensation sind, diese Rippalan. Nicht zuletzt auch wegen der intensiven Sauce, die reich ist an „Schwarzer Gams“, dem untergärigen Bier aus der Brauerei „Loncium“ von quasi ums Eck aus Kötschach-Mauthen.
Als Manuel Ressi 1977 zur Welt kam, gab’s in Hermagor noch eine Vielzahl an klassischen Wirtshäusern. 14 zur Hochblüte allein an der Hauptstraße und am Hauptplatz, heute nur noch zwei. 1977 war aber auch jenes Jahr, in dem die 36. und letzte Folge der legendären italienischen Zeichentrickserie „Herr Rossi sucht das Glück“ produziert wurde, wobei nicht überliefert ist, ob er’s je gefunden hat, der Herr Rossi. Der Herr Ressi allerdings, der hat’s gefunden. Zu Hause in Hermagor in einem Wirtshaus, das, wie er es beschreibt, „mit seiner Fine-Dining- und Hausmannskost-Philosophie ein bisserl außer der Norm ist“. Das aber vor allem eines ist: fantastisch – so und/oder so.
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