Kein Vergleich zum jüngeren Nachfolger
Ingrid Z. geht in Pension. Viele Jahre hat sie ihre Abteilung mit Engagement und Professionalität geleitet. Ein jüngerer Kollege wird als Nachfolger auserkoren. Im unverfänglichen Gespräch zwischen Tür und Angel fragt er Frau Z., ob denn ein Gehalt in der Höhe von XYZ angemessen sei, denn aktuell verdiene er ja so und so viel. Die Frau ist baff.
Alleine das aktuelle Gehalt des jüngeren Kollegen ist wesentlich höher als jene Summe, die sie als Abteilungsleiterin bekommen hat.
Die beiden Beispiele aus der Praxis verdeutlichen, wie schwierig es ist, beim Thema Geld Diskriminierung aufgrund des Geschlechts überhaupt zu bemerken und festzumachen. „Da muss Detektiv Zufall mitspielen, damit das ans Licht kommt“, sagt Erika Rippadha, Leiterin der Stabsstelle Frauen- und Gleichstellungspolitik bei der Arbeiterkammer OÖ.
Das Gehalt sei nach wie vor ein großes Tabuthema, über das nicht geredet werde.
Im Jänner dritter Frauenbericht
Im Jänner wird der dritte Linzer Frauenbericht veröffentlicht. Rechtlich sind Männer und Frauen in Österreich gleichgestellt. Die Zahlen aus dem Bericht zeigen: Bis dahin ist es in der Realität noch ein weiter Weg.
Das Institut für Frauen- und Geschlechterforschung der Kepleruni in Linz hat das Material gesammelt und aufbereitet. Die Institutsleiterin Doris Weichselbaumer und ihr Mitarbeiter Frederic Heine erklären, dass es nicht eine Schraube gibt, an der man drehen kann, sondern dass das ganze System an sich krankt:
„Noch immer tragen Frauen die Hauptlast der Sorgearbeit, kümmern sich um Kinder, Haushalt, Eltern und alle Termine. Dadurch ist auch die Teilzeitquote unter Frauen sehr hoch, in den vergangenen Jahren wegen Corona sogar wieder steigend.“ Das bedinge niedrigere Gehälter und eine viel größere Gefahr, in die Altersarmut abzurutschen.
Drei Lehrberufe
Eine Zahl zeigt sehr prägnant, wie dieses System zulasten der Frauen, am Laufen gehalten wird: 40 % der weiblichen Lehrlinge entscheiden sich noch immer für einen dieser drei Lehrberufe: Friseurin, Einzelhandelskauffrau oder Bürokauffrau.
Dabei stehen im Industriebundesland Oberösterreich 212 verschiedene Lehrberufe zur Auswahl. Mädchen tendieren also nach wie vor dazu, Berufe zu wählen, die schlechter bezahlt und eher im Dienstleistungssektor angesiedelt sind.
Das wiederum führt – unter anderem – zum sogenannten Gender Pay Gap, jener Lücke, die die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen beschreibt und die seit Jahren unverändert groß bleibt. Die Linzerinnen verdienen durchschnittlich 63,3 % des Einkommens der Männer in der Stadt.
Massiv benachteiligt
„Die vorliegenden Ergebnisse zur ökonomischen Lage zeigen, dass Frauen nach wie vor massiv finanziell benachteiligt sind. Dies kann für viele, besonders Alleinerzieherinnen und Pensionistinnen„ existenzbedrohend sein“, sagt Frauenstadträtin Eva Schobesberger, Grüne.
Aber was ist der Schlüssel zu mehr Gleichberechtigung? „Die Umverteilung der unbezahlten Betreuungsarbeit. Das heißt, dass Männer in der Verantwortung stehen, mehr Sorgearbeit zu übernehmen.“
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