Leonie-Prozess: "Zundgeber" führte Ermittler zu zwei Beschuldigten
Der Prozess gegen drei junge Männer, die sich im Zusammenhang mit dem Tod einer 13-Jährigen wegen Vergewaltigung mit Todesfolge und schweren sexuellen Missbrauchs am Wiener Landesgericht verantworten müssen, ist am Montag fortgesetzt worden.
Ein „Zund“ half der Kriminalpolizei bei der Festnahme von zwei Verdächtigen. Diesmal sind vor allem Kriminalbeamte im Landesgericht für Strafsachen in Wien als Zeugen geladen. Sie sollen Antworten dazu geben, was es mit zwei ominösen Zeugen auf sich hat, die sich in der Nacht der Tat in der Wohnung aufgehalten haben sollen, in der Leonie an einer Drogenüberdosis gestorben sein dürfte.
"Will damit nichts zu tun haben"
Unter den Zeugen war eine junge Frau, die in der Tatnacht in der Wohnung der Beschuldigten gewesen sein soll. Ihre Anwesenheit wurde von einem Zeugen erwähnt, der bei der Festnahme von zwei Beschuldigten die Polizei unterstützt hatte. Die 22-Jährige, die die Ex-Freundin des Zweitangeklagten ist, gab an, in der Todesnacht nicht in der Wohnung gewesen zu sein. Auch die Polizei ging dem Hinweis nach, konnte aber keine Spuren der jungen Frau sichern. „Ich will mit dem allem nichts zu tun haben“, sagte sie dem Schwurgericht.
"Stinkende, verwahrloste Kinder"
Die 22-Jährige hatte kurz vor der Tatnacht nur den Erstangeklagten kurz gesehen, aber dann keinen Kontakt zu den Männern mehr gehabt. Aber es sei in der Wohnung im Vorfeld zugegangen „wie in einem Puff“, meinte sie in ihrer Aussage bei der Polizei. Auf die Frage eines Verteidigers, was sie damit gemeint hat, sagte sie: „Ja, die Leute die ein- und ausgegangen sind. Sie waren schmutzige, stinkende, verwahrloste Kinder.“ Sie habe vermutet, dass es dort um Drogenhandel gegangen sei.
Auch die Fingerabdrücke und die DNA eines weiteren jungen Afghanen, der laut dem Zeugen ebenfalls zum Zeitpunkt der Tat in der Wohnung gewesen sein soll, konnte nicht festgestellt werden. Der 23-Jährige reiste jedoch kurz nach dem Tod der 13-Jährigen freiwillig zurück in seine Heimat.
Dolmetscherin und Polizisten sagten aus
Vom Gericht als Zeugen befragt wurden auch vier Polizisten und eine Dolmetscherin, die bei den Einvernahmen der Angeklagten dabei gewesen waren. Die Beschuldigten behaupteten nämlich teilweise, dass ihre Aussagen falsch protokolliert bzw. falsch übersetzt worden seien. Zum anderen hatte ein Angeklagter erklärt, das Protokoll seiner Aussage sei falsch. Er habe das alles nicht gesagt. Zuerst kommt die Dolmetscherin ans Wort, die bei der Befragung des Angeklagten anwesend war. „Es gibt da auch immer eine Rückübersetzungen. Da hätte er die Möglichkeit gehabt, zu sagen, sollte etwas falsch gewesen sein.“ Der Beschuldigte unterschrieb seine Aussage allerdings. Auch die Kriminalisten, die die Befragung damals durchführten, bekräftigen: „Es war eine ganz normale Beschuldigten-Einvernahme.“
"Er wollte Geld"
Mysteriöser gestaltet sich die Suche nach den angeblichen Zeugen in der Wohnung. Ein Mann hatte der Polizei wertvolle Hinweise geben können, half sogar bei der Festnahme eines Angeklagten. Und seine Informationen rissen auch danach nicht ab.
Ein LKA-Ermittler erinnert sich: „Er wollte Geld.“ Schließlich habe der Mann auch sogenanntes Zundgeld bekommen – als Anerkennung für seine Hilfe. „Er ist in den Status eines Gelegenheitsinformanten gehoben worden“, bestätigt ein Beamter. Zwei Geldauszahlungen gab es, weil er sich als „sehr kooperativ und hilfreich bei der Festnahme“ eines Beschuldigten erwies. 500 Euro bekam er für die Festnahme des Wohnungsmieters, 1.000 Euro für den nach England geflohenen mutmaßlichen Haupttäter.
Geld gegen Medieninterviews?
„Aber er wollte immer mehr. Er hat dann eigenständig agiert, sich als Hilfssheriff aufgeführt“, schildert ein anderer Ermittler. Er soll gegen Geld auch Medien-Interviews gegeben haben.
Die Hinweise zu den möglichen zwei Zeugen seien überprüft worden, sagt der Ermittler. Doch es habe sich herausgestellt, dass die angesprochene junge Frau und ein weiterer Mann in der Tatnacht nicht in der Wohnung waren.
Suchtmittelvergiftung
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagten das Mädchen am 26. Juni 2021 in einer Wohnung in Wien-Donaustadt in Missbrauchsabsicht unter Drogen gesetzt und sich dann an der 13-Jährigen vergangen haben. Das Mädchen überlebte den Drogencocktail nicht. Das Obduktionsgutachten ergab, dass die 13-Jährige infolge der Suchtmittelvergiftung und Ersticken eines gewaltsamen Todes starb.
Nächster Verhandlungstermin
Die Männer afghanischer Abstammung sind zwischen 19 und 24 Jahre alt. Für den Ältesten, der zum Tatzeitpunkt erwachsen war, geht es im Fall eines Schuldspruchs um zehn bis 20 Jahre oder lebenslang. Die beiden anderen müssten bei einer anklagekonformen Verurteilung mit bis zu 20 Jahren rechnen.
Dass es am sechsten Verhandlungstag Urteile geben wird, ist eher ausgeschlossen.
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