Lehren aus Corona: Städte sind selbstbewusst und setzen auf Öffis
Schwer getroffen hat die Krise wohl alle Regionen – der Lebensraum Stadt stand aber zweifellos vor besonderen Herausforderungen. Galt es in der Pandemie doch, das Zusammenleben vieler Menschen auf engstem Raum völlig neu zu regeln.
Bei einer Podiumsdiskussion im Wiener Hilton wagten Vertreter der drei größten Städte Wien, Graz und Linz (zusammengezählt leben hier fast 30 Prozent aller Österreicher) eine erste Bilanz – und vor allem einen Ausblick.
Dass die Städte die Krise gut gemeistert haben, darin war man sich rasch einig – vor allem angesichts der anfänglichen Unsicherheiten. „In den ersten Tagen wussten wir nicht einmal, ob die Müllabfuhr weiter funktionieren wird“, sagt etwa der Grazer Finanzstadtrat Günter Riegler (ÖVP). Jetzt, eineinhalb Jahre später, weiß man: Die Daseinsvorsorge – von der Müllabfuhr bis zu den Spitälern – hat der Krise standgehalten.
1,1 Milliarden Euro Defizit
Nötig gewesen sei dafür kräftiges Krisenmanagement, sagt der Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ). Das hat nicht zuletzt Geld gekostet – und Löcher in die Budgets gerissen. Allein in Wien beträgt das Haushaltsminus für 2020 rund 1,1 Milliarden Euro. Vor allem die Steuerausfälle trafen die Städte schwer.
Wobei die drei Städte auch mit ganz unterschiedlichen Problemen zu kämpfen hatten: In Wien etwa fehlt der wirtschaftlich wichtige Städtetourismus.
In Linz hingegen sorgte man sich lange um die Industrie, kann nun aber eine erfreuliche Bilanz ziehen: Noch im März sei unsicher gewesen, wie sich die Lage entwickle, sagt der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ). „Jetzt sind die Betriebe wieder flott. Die internationalen Märkte können gut bespielt werden.“
Digitalisierung und Öffis
Einig ist man sich darin, wie es weitergehen soll: Den Fokus will man jetzt auf die Digitalisierung legen, aber auch auf den Öffi-Ausbau. Und zwar mit Prestigeprojekten.
In Graz – wo man 300.000 Pendler zählt – arbeitet man unter Hochdruck an den Plänen für eine U-Bahn. „Wir sind eine der am stärksten wachsenden Regionen, da müssen wir die Infrastruktur rasch anpassen“, sagt Riegler. Zuletzt habe man alleine in den Straßenbahn-Ausbau 250 Millionen Euro gesteckt.
Ähnlich in Wien: Man investiere Milliardenbeträge darin, die Gebiete am Stadtrand besser mit den Öffis zu erschließen, sagt Hanke. Größte Baustelle: die Bauarbeiten an U2 und U5.
„Mutige Projekte“
Noch visionärer ist man in Linz: Dort will man im Verkehr die „Versäumnisse der Vergangenheit“ – und damit das Stauproblem – beseitigen. Gearbeitet wird dafür derzeit nicht nur an der Stadtautobahn und der Eisenbahnbrücke, sondern auch an Flugtaxis und einer Stadtseilbahn. In Linz leben auf 100 Quadratkilometern 200.000 Menschen, zudem gibt es 220.000 Arbeitsplätze.
Die Zahl der Pendler ist enorm. „Da müssen wir Mut und Innovationskraft beweisen.“ Auch wenn, wie Luger sagt, die Bundesregierung bei kreativen Projekten gerne bremse.
Womit Luger bei einer der wichtigsten Lehren aus der Krise ist: Man habe bemerkt, dass man selbstbewusster – und gemeinsam – gegen den Bund auftreten müsse, sagen all drei Städtevertreter. „Nur durch enge Zusammenarbeit können wir Druck aufbauen“, so Hanke. Das kommunale Investitionspaket, das man beim Bund erstritten habe, sei ein gutes Beispiel dafür, wie es klappen könne.
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