"Leben in ständiger Angst vor dem Bär"

Der Bär schlug beim Haus von Andrea Rupp (mit Jäger Johannes Schifrer) zu
Raubtier ist erneut im Raum Klagenfurt unterwegs, die Bürger sind verunsichert.

"Er ist binnen vier Wochen das zweite Mal bei uns. Ich befürchte, er kehrt erneut zurück, kommt näher zu den Siedlungen und begnügt sich nie mehr mit Honig. Wir leben in ständiger Angst, er gehört abgeschossen." Diese Meinung vertritt Susanne Zitter aus Maria Rain, Bezirk Klagenfurt Land und "er" ist ein Braunbär, der die Gemeinde nun binnen zwei Wochen das zweite Mal heimgesucht hat. Wie reagieren die Menschen auf die Anwesenheit des Wildtieres? Der KURIER war auf Lokalaugenschein.

"Der Bär muss in der Nacht durch den Elektrozaun geschlüpft sein und hat sich ein 40 Kilo schweres Kalb geholt. Die Mutterkuh wollte es wohl verteidigen und kassierte einen Prankenhieb", erzählt Besitzerin Andrea Rupp. Ihre Kühe befinden sich seit dem Vorfall von Sonntagnacht im Stall. Dieser und das Wohnhaus sind 100 Meter vom Ort des Geschehens entfernt. "Wir haben Kinder und natürlich ein ungutes Gefühl, der Bär muss zumindest umgesiedelt werden", fordert Rupp.

Laut Wildbiologe Bernhard Gutleb dürfte es sich um denselben Bären handeln, der in den vergangenen Wochen in Schiefling, Maria Rain, St. Margarethen, am Radsberg und in Eisenkappel seine Spuren hinterlassen hat und nun seine Runde wiederholt. "Es ist ein großes Tier", ergänzt Jagdaufseher Johannes Schifrer, der den Bären vor vier Wochen beim Überqueren einer Straße beobachtet hatte. "Wenn er wiederkommt und sich wieder dem Menschen derartig nähert, muss man etwas unternehmen. Aber wir dürfen nicht", spricht Schifrer die Tatsache an, dass es sich um ein geschütztes Tier handelt.

"Er ist unberechenbar"

Martin Wolf aus Maria Rain spricht sich für den sofortigen Abschuss aus. "Es geht nicht, dass sich hier ein wildes Vieh breit macht." Die Bejagung sei eine schwierige Entscheidung, meint Anna Lutschounig: "Aber das Tier ist unberechenbar, hat keine Scheu vor Menschen, man bekommt es schon mit der Angst zu tun." Hans Wintzer befürchtet, dass der Bär "uns wieder beehren wird. Wir sind hier sieben Kilometer von Klagenfurt entfernt. Das ist kein Lebensraum für einen Bären, er muss weg."

Gelassener sehen die Causa Natascha Netschemer und Kevin Hrastnik. "Er wird nicht auf Menschen zugehen, daher besteht kein Grund zur Angst oder zur Abschussforderung", meint Erstere. Hrastnik ergänzt: "Der Bär will nur essen und überleben, hat mehr Schiss vor uns als umgekehrt."

Unter welchen Voraussetzungen dürfte man auf einen Bären schießen? "Nur in Notwehr, aber dies wird nicht beweisbar sein. Im Übrigen greift ein Bär nicht an – das ist so unwahrscheinlich wie ein Alien-Angriff in Ihrem Garten", vergleicht Gutleb.

Täter-Identifikation

Einer behördlich legitimierten Bejagung ginge ein Rattenschwanz an Voraussetzungen voran, die im "Managementplan Bär Österreich" aufgelistet sind. Dem "auffälligen" Tier müssten durch DNA oder GPS-Sender die "Taten" nachgewiesen werden können. Die nächsten Schritte wären "Vergrämungsmaßnahmen", wie der Beschuss mit Gummischrot sowie das Fangen und "Verbringen" in ein anderes Land oder ein Gehege. Eine Tötung durch die Polizei oder einen Aufsichtsjäger setzt einen Bescheid der zuständigen Behörde unter Einbindung des Bärenanwalts voraus. "Und hätte ein EU-Vertragsverletzungsverfahren zur Folge", ist sich Bärenanwalt Gutleb sicher.

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