Eine Gemeinde setzt auf Junge
„Wir haben keine Zuagroasten, nur Neu-Neudörfler“, sagt Dieter Posch, Bürgermeister von Neudörfl, und gibt damit gleich zu erkennen, dass in der rund 4500-Seelengemeinde im Bezirk Mattersburg jeder willkommen ist. „Seit der Flüchtlingskrise sind wir in aller Munde. Medien aus aller Welt waren bei uns zu Gast. Dabei leisten wir doch gar nichts Besonderes, wir haben nur kein Problem damit, Flüchtlinge aufzunehmen“, erzählt der SPÖ-Bürgermeister und spricht damit das Caritas Haus Sarah an, in dem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ein neues Zuhause finden. Generell seien die Neudörfler sehr offen: „Jeder kann sich frei bewegen, ohne dass getratscht wird und obwohl nicht jeder jeden kennt, wird immer freundlich gegrüßt, keiner wird ignoriert.“
Leistbares Wohnen
Weil jedoch Wohnen immer teurer wird, hat sich Bürgermeister Posch bereits vor Jahren Gedanken darüber gemacht, wie man jungen Menschen finanziell unter die Arme greifen kann. „Wohnen leistbar machen, ist das Wichtigste. Daher haben wir vor fünf Jahren das Projekt der Startwohnungen eingeführt“, sagt Posch. Gemeinsam mit der Oberwarter Siedlungsgenossenschaft habe man damals überlegt, was man tun kann, um Wohnen für junge Menschen leistbar zu machen. „Die Startwohnungen sind reine Mietwohnungen, daher entfällt der Genossenschaftsanteil. Nur eine Kaution von rund 4000 Euro ist zu hinterlegen“, erklärt Posch.
Eine, die sich für ein Leben in Neudörfl entschieden hat, ist Simone Reiner. Die 20-Jährige stammt aus
Mattersburg, ihr Freund aus Neudörfl. „Als wir uns entschieden haben, zusammenzuziehen, war schnell klar, dass wir in Neudörfl wohnen wollen. Die Lage zu Wiener Neustadt und Wien sowie zu meiner Heimat Mattersburg ist perfekt“, sagt sie. Die beiden Studenten sind im Juni vergangenen Jahres in eine Startwohnung am Ortsrand gezogen. „Die Wohnung hat eine perfekte Größe und ist leistbar. Wir fühlen uns sehr wohl.“
Aktives VereinslebenIst man erst einmal Neu-Neudörfler, geht es darum, „nicht nur hier zu wohnen, sondern mitzumachen“, wie der Ortschef betont. So gibt es ein aktives Vereinsleben mit vielen Veranstaltungen. „Der Männergesangsverein wollte sich vor Jahren schon einmal auflösen. Durch das Engagement von vielen Zugezogenen hat sich der Verein komplett erneuert und ist nun aktiver denn je zuvor“, sagt der Bürgermeister stolz.
Neben dem leistbaren Wohnen legt die nordburgenländische Gemeinde großen Wert auf Kinderbetreuung. „Unsere Einrichtungen bieten Ganztagsbetreuung mit Mittagessen und Freizeitgestaltung am Nachmittag. Kindergarten und Schulen haben im Sommer auch nur drei Wochen geschlossen“, sagt Posch. Dies sei ganz wichtig, um es Müttern zu ermöglichen, berufstätig zu sein. Möglich sei dies nur durch Aufstockung des Betreuungspersonals. „Statt einen Quadratmeter Feldweg zu betonieren, investiere ich lieber in die Kinderbetreuung und baue die Einrichtungen aus.“
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