KPÖ, Grüne und SPÖ tun sich zusammen: Grazer Pakt auf Schiene
Gerade noch spielten Wahlsiegerin KPÖ und der Wahlverlierer ÖVP Bälle hin und her - 30 Fragen etwa schickte der neue Obmann der Grazer ÖVP, Kurt Hohensinner, an KPÖ-Chefin Elke Kahr.
Darunter jene, wie sie es denn mit Jugoslawien unter Josip Tito halte oder zum Besuch des KPÖ-Abgeordneten Werner Murgg in Belarus stehe. Kahr konterte mit 30 Antworten, darunter jene, dass Tito Methoden angewandt hatte, die "wir zutiefst ablehnen", sich bei dessen Begräbnis in den 1980er Jahren aber sehr wohl Staatsoberhäupter aus ganz Europa eingefunden hatten.
"Vertiefende Gespräche"
Doch es scheint, es braucht die schriftliche Vergangenheitsbewältigung gegenüber der ÖVP - seit dem Wahltag am 26. September nur noch zweitstärkste Kraft hinter den Kommunisten im Gemeinderat - gar nicht. Heute gaben KPÖ, Grüne und SPÖ gemeinsam bekannt, dass sie nun in "vertiefende Sondierungsgespräche" gingen: "Wenn man sich die Wahlprogramme anschaut, dann sieht man, die Schnittmenge mit Grünen und der SPÖ ist am größten", begründete Kahr. In den kommenden zehn Tagen würden diese nun inhaltlich abgeklopft, "dann werden wir uns wieder öffentlich zu Wort melden".
Damit scheint die linke Koalition auf Schiene - und das mit einer doppelten Premiere: Erstmals überhaupt bekäme Graz mit Elke Kahr eine Bürgermeisterin. Judith Schwenter, Grüne, würde Vizebürgermeisterin - damit würde die Landeshauptstadt von einem weiblichen Führungsduo regiert. Auch das gab es noch nie. "Die Wähler haben uns mit einem klaren Auftrag ausgestattet", betonte Schwentner. "Die Stärkung von Sozialem und Klimaschutz."
"Keine Befindlichkeiten"
Das alles kann freilich nur mit der Unterstützung durch die SPÖ unter deren Obmann Michael Ehmann funktionieren: KPÖ und Grüne haben gemeinsam nur 24 Stimmen im Gemeinderat, um eine zu wenig für eine Mehrheit. Die vier Stimmen der SPÖ würden die Waage in Richtung des linken Regierungspaktes schieben. Die Gespräche mit Ehmann verliefen "auf Augenhöhe", versicherten Kahr und Schwentner, auch wen die SPÖ kein Regieurngsamt inne hat. Ehmann betonte, die Verhandlungen seien "ergebnisoffen", aber: "Es geht nicht um mich, es geht nicht um Befindlichkeiten, es geht um Graz."
Da in Graz aber das Proporzsystem herrscht, regieren neben der KPÖ mit drei Stadtratssitzen (Kahr, Robert Krotzer und Manfred Eber) und den Grünen mit einem Sitz auch die ÖVP (zwei Stadträte, voraussichtlich Kurt Hohensinner und Günter Riegler) und FPÖ (ein Stadtratssitz, den Obmann Mario Eustacchio übernimmt) mit.
Noch keine Ressortverteilung
Die Ressortverteilung ist Verhandlungssache, doch Kahr hat bereits klar gemacht: Als Bürgermeisterin würde sie die Sozialagenden und auch das Wohnungsressort übernehmen wollen, Krotzer will Gesundheit und Pflege behalten, Eber liebäugelte mit dem Finanzressort. Für Schwentner wäre wohl das Verkehrsressort samt Umweltagenden und Stadtplanung interessant.
Über Ressorts sei aber noch nicht gesprochen worden, versicherte Kahr am Mittwoch, die auch drei Gesprächrunden mit der ÖVP hatte. "Wir meinen ja auch mit dem neuen Stil der Zusammenarbeit, die ÖVP in ihren Ressorts nicht zu beschneiden." Die zweitstärkste Partei soll "verantwortungsvolle Ressorts" übernehmen. Ob die Schwarzen Kahr am 17. November in der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates zur Bürgermeisterin mitwählen würden, sei in diesen Gesprächen aber offen geblieben.
ÖVP-Obmann Hohensinner machte am Mittwoch aber nicht diesen Eindruck: "Elke Kahr ist in der Pflicht und muss für Graz liefern. Wir sind gespannt darauf, welche konkreten Projekte und Vorhaben präsentiert werden."
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