Köpferollen bei der Kärntner ÖVP

Köpferollen bei der Kärntner ÖVP
Der neue Landesparteichef Obernosterer weist Landesrat Rumpold, Klubobmann Tauschitz und Landesgeschäftsführer Goritschnig die Tür.

In Kärnten vergeht derzeit kaum ein Tag ohne politischen Paukenschlag. Nach dem überraschenden Rücktritt von FPK-Chef Uwe Scheuch am Mittwoch hatte sich der Pulverdampf noch nicht einmal verzogen, krachte es bei der ÖVP (Anm.: Auch die SPÖ steht  mittlerweile im Visier der Justiz - hier nachzulesen). Landesrat Achill Rumpold, Klubobmann Stephan Tauschitz und Landesgeschäftsführer Thomas Goritschnig haben nach einer Krisensitzung am späten Donnerstagabend überraschend ihren Rücktritt bekannt gegeben. Alle drei sind mutmaßlich auf die ein oder andere Weise in die Affäre Birnbacher verwickelt. Ex-Parteichef Josef Martinz hat seinem Nachfolger Gabriel Obernosterer einen riesigen Scherbenhaufen hinterlassen, das Aufkehren wird wohl noch Monate dauern.

Der erst vor wenigen Tagen zum Landesparteiobmann bestellte Obernosterer begründet die Veränderungen in einer Aussendung damit, er wolle "so wie jeder Parteiobmann mein eigenes Team für die Arbeit zusammenstellen". Daher habe er die drei Funktionäre gebeten, ihre Ämter zur Verfügung zu stellen. "Im Interesse der Erneuerung der ÖVP Kärnten sind sie meinem Wunsch nachgekommen." Die Erneuerung der Partei brauche "natürlich auch neue Gesichter". Er habe "großen Respekt für die drei, sie sind nicht in Affären verwickelt, müssen nicht zu Einvernahmen und sind trotzdem zurückgetreten." Das sei nicht in allen Parteien so.

Stephan Tauschitz bleibt Landtagsabgeordneter, als Klubobmann soll ihm sein bisheriger Stellvertreter Ferdinand Hueter nachfolgen. Die Klubsitzung, in der er gekürt wird, steht aber noch aus. Wer Rumpold und Goritschnig nachfolgen wird, soll bis Ende August geklärt werden. Die Namen "habe ich ganz klar im Kopf, werde sie heute aber nicht sagen", so Obernosterer, der selbst nicht in die Rolle des Landesrats schlüpfen will. Die Erneuerung der Partei koste derartig viel Kraft, dass beide Funktionen nicht von einer Person ausgefüllt werden können.

Rumpold zeigte sich nach der Entscheidung gefasst. "Es ist das normalste auf der Welt, dass ein neuer Parteiobmann die Möglichkeit haben muss, ein neues Team zusammenzustellen." Rumpold erklärte, er werde weiterhin für die Partei tätig sein. Auf die Frage, in welcher Funktion, sagte er: "Wo die Partei mich haben will." Achill Rumpold war im Prozess um das Millionenhonorar von Birnbacher zuletzt als Mitwisser genannt worden.

Spekulationen für Entscheidung

Überraschend ist das Blitztempo, in dem Obernosterer diesen Schritt durchgezogen hat. Das lässt natürlich breiten Raum für Spekulationen für die Motive des Lesachtaler Hoteliers. Eine der Varianten, die derzeit kursieren, ist, dass Tauschitz gegen die Entscheidung für möglichst rasche Neuwahlen opponiert haben könnte und seine Demontage deshalb einen Tag vor der Sondersitzung zu genau diesem Thema erfolgte.

Dieser Anlass könnte dann den Anstoß gegeben haben, gleich alles in einem Aufwaschen zu erledigen, was Obernosterer eigentlich erst nach den Urteilen im Birnbacher-Prozess umsetzen wollte. Dafür spricht, dass Rumpold und Goritschnig nicht sofort ausgetauscht wurden, sondern bis Ende August im Amt bleiben. Die offizielle Lesart dafür: Es soll eine geordnete Übergabe stattfinden. Diese ist aber nicht ganz schlüssig, nachdem Obernosterer ebenso sagte, dass er schon weiß, wer nachfolgt.

Eine andere Spekulation besagt, Obernosterer wolle es nicht riskieren, den Funktionären und Abgeordneten Zeit zum Verschnaufen zu geben, um nur ja nicht das Risiko einzugehen, dass sein Aufräumen auf Widerstand stößt. Denn eines ist klar, raschestmögliche Neuwahlen in Kärnten heißen auch, dass etliche Landtagsabgeordnete ihr Mandat verlieren werden. Entweder, weil sie es gar nicht mehr auf die nächste Kandidatenliste schaffen oder weil die Partei zu wenig Stimmen erhält. Dass die Schwarzen ihre sechs Sitze im Landtag halten werden können, davon geht derzeit nicht einmal ihr Obmann aus. Im Gegenteil, Obernosterer konzediert ganz offen, dass man vermutlich den Regierungssitz verlieren werde.

Warum Obernosterer trotzdem sofort wählen lassen will, dürfte damit zu tun haben, dass er nur so lange sämtliche Entscheidungen diktieren kann, derweilen die Funktionäre noch wie gelähmt von der nahezu täglichen Eskalation sind. Lässt er sich zu lange Zeit, kommen wieder die diversen Bünde, Teilorganisationen und Bezirke mit ihren Personalwünschen, von einer Totalerneuerung auch auf der Kandidatenliste wäre spätestens dann keine Rede mehr.

Birnbacher-Geld für Wahlkampf eingesetzt

Köpferollen bei der Kärntner ÖVP

Unterdessen ist weiter unklar, wohin die 65.000 Euro geflossen sind, die Ex-VP-Landesparteichef Martinz vom Villacher Steuerberater Birnbacher erhalten hat. "Martinz soll endlich sagen, wo die 65.000 Euro hingekommen sind. Und zwar nicht mir, sondern der Justiz", forderte Obernosterer in der ZIB2. Laut Alexander Todor-Kostic, Anwalt von Martinz, hat sein Mandant das "Birnbacher-Geld für den Wahlkampf eingesetzt und für seine Werbetour durch Kärnten. Meines Wissens gibt es dafür aber keine Rechnungen", wird der Jurist in der ZIB2 zitiert.

Sondersitzung am Freitag

Im Kärntner Landtag findet am Freitag eine Sondersitzung des Landtages statt. Einziger Tagesordnungspunkt ist ein Neuwahlantrag, den SPÖ, ÖVP und Grüne gemeinsam gestellt haben. Dass der Antrag angenommen wird, gilt als ausgeschlossen, die FPK hat angekündigt, die Sitzung zu boykottieren. Da für einen Neuwahlbeschluss die Anwesenheit von zwei Drittel der Abgeordneten notwendig ist, können die 19 Mandatare von Rot, Schwarz und Grün nicht abstimmen, wenn die Blauen nicht da sind.

Die SPÖ hat angekündigt, bis zu einem Einlenken der Freiheitlichen jede Woche eine Sondersitzung zu beantragen und den Neuwahlantrag einzubringen. Wie lange die gegenseitige Blockade anhalten wird, steht derzeit in den Sternen. Die FPK plädiert für Neuwahlen im Frühjahr 2013.

Reaktionen

Die Rücktrittswelle hat bei den übrigen Parteien für unterschiedliche Reaktionen gesorgt. Die FPK wertet das Köpferollen als Beweis für weitere Verstrickungen in den Birnbacher-Skandal. Für die SPÖ hat sich der neue Parteichef Gabriel Obernosterer durchgesetzt. "Eine logische Konsequenz aus dem Korruptionsskandal" sind die Rochaden für die Grünen.

Der designierte FPK-Chef Kurt Scheuch meinte am Freitag auf Anfrage zu den Vorgängen in der ÖVP, dies zeige, dass die Partei in Wirklichkeit viel tiefer in den Birnbacher-Skandal verstrickt sein dürfte als angenommen. Obernosterer wolle alle möglichen Alternativen zu ihm als Parteiobmann vor dem Sonderparteitag ausschalten, es gebe offenbar einen heftigen internen Machtkampf in der Kärntner ÖVP.

Der Kärntner SPÖ-Parteichef Peter Kaiser sagte zu den Personalentscheidungen: "Das ist Sache einer Partei. Obernosterer hat sich innerparteilich durchgesetzt. Wir werden sehen, wie es jetzt weitergeht."

Für Frank Frey, Landessprecher der Grünen, sind die Rücktritte bei der Kärntner ÖVP "die logische Konsequenz aus dem Korruptionsskandal", für dessen Aufdeckung sein Parteifreund Rolf Holub gesorgt hat. Nun sieht Frey die FPK unter Zugzwang: "Mit Harald Dobernig sitzt jetzt nur noch ein Landesrat in der Regierung, der direkt mit der Hypo- und Birnbacher-Causa in Verbindung steht. Auch sein Rücktritt ist nur mehr eine Frage der Zeit."

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