Klinik-Chef: "Werde Streiks nicht mehr tolerieren"

Die Mediziner protestieren gegen drohende Gehaltseinbußen (Symbolfoto)
Klinikum-Direktor Waldenberger droht den Rädelsführern mit dienstrechtlichen Konsequenzen.

Ferdinand Waldenberger ist als Medizinischer Direktor des Klinikum Klagenfurt erst seit etwas mehr als drei Monaten im Amt – und gleich mit dem österreichweit ersten Ärztestreik der Geschichte konfrontiert. Im KURIER-Interview spricht der 56-Jährige über mögliche Konsequenzen einer Fortsetzung des Arbeitskampfes und die Auswirkungen des Arbeitszeitgesetzes auf die Versorgung.

Im drittgrößten Spital Österreichs streiken die Ärzte ohne Rückendeckung des Betriebsrates. Wie gehen Sie mit dieser Situation um?

Waldenberger: Ich habe an die Moral und Ethik der Ärzte appelliert und gemeinsam wurde dafür Sorge getragen, dass während des Streiks Notfall- und Intensivabteilungen wie üblich besetzt und sämtliche Ärzte in Bereitschaft waren. Die Patientenversorgung war also nie in Gefahr.

Sie haben beim Streik zum Megafon gegriffen und betont, dass dies ein "einmaliges Event" bleiben müsse. Welche Folgen hätten weitere Streiks?

Ich werde Streiks nicht mehr tolerieren, das würde irgendwann dienstrechtliche Konsequenzen haben. Wenn eine Patientengefährdung vorliegt, agieren die Ärzte im illegalen Raum, das sind Dienstrechtsverletzungen; und letztlich wird es die erwischen, die diese Sachen organisieren und dazu aufrufen.

Sie sprechen von Kündigungen.

Wenn Patienten in Gefahr sind, wird man jene Ärzte, die Sprachrohr und Organisatoren von Streiks sind, erst abmahnen, nicht gleich kündigen.

Sie sind selbst Arzt, kennen andere Häuser. Sind die Arbeitsbedingungen im Klinikum wirklich so schlecht und haben Sie teilweise Verständnis für die Forderungen Ihrer Kollegen?

Das Klinikum ist eines der besten Häuser, hält mit jeder Uniklinik mit. Aber natürlich waren die Belastungen für die Ärzte bereits im letzten Jahr groß und sie werden durch das neue Arbeitszeitgesetz noch größer. Dass man bei den Gehältern nachbessern muss, ist klar.

Wie interpretieren Sie Herwig Seisers Aussagen in der Debatte um Ärztegehälter? (die Ärzte fühlen sich durch das Brecht-Zitat des SP-Klubobmanns – "Hinter der Trommel her trotten die Kälber, das Fell für die Trommeln liefern sie selber" – als nationalsozialistische Mitläufer diffamiert)

Diese Wortspende ist in der aufgeheizten Situation natürlich völlig fehl am Platz. Ich verstehe, dass die Ärzte die Forderung nach einer Entschuldigung deponiert haben.

Bereits jetzt gibt es Engpässe auf zahlreichen Stationen des Klinikums. Operationen müssen verschoben, Kontrolltermine abgesagt werden. Sie sprachen Anfang des Monats von einem "Ausnahmefall". Wie lange darf dieser noch andauern.

Alleine am Klinikum fehlen 50 Ärzte. Durch Umstrukturierungen und Umschichtungen werden wir den Jänner und den Februar meistern. Aber dann beginnen Urlaube und Fortbildungen. Dann wird’s eng, da müssen die Ärzte wieder die Möglichkeit zur freiwilligen Mehrarbeit haben.

Man hört, dass an manchen Stationen des Klinikums keine Krebs-Nachsorge mehr durchgeführt wird.

Wer hier behandelt wird, erfährt hier die Nachsorge. Bei Spezialformen werden wir das ebenfalls so handhaben. Wenn eine gleichwertige Nachsorge beim niedergelassenen Arzt garantiert ist, wird das allerdings ausgelagert.

Das seit Jahresbeginn geltende Arbeitszeitgesetz für Spitalsärzte spüren nun auch die Patienten, weil die Mediziner gegen drohende Gehaltseinbußen protestieren. In Wien, Oberösterreich und Kärnten konnten noch keine Einigungen mit den Spitalserhaltern gefunden werden, daher stehen die Zeichen weiter auf Konfrontation.

Während in Kärnten weitere Streiks nicht ausgeschlossen werden, sind in Wien ebenfalls Protestmaßnahmen geplant: Die Ärztekammer hat trotz einer gewissen Entspannung und Annäherung in den Verhandlungen für Montagnachmittag zu einer Kundgebung im Museumsquartier aufgerufen, zu der 700 Mediziner erwartet werden. Die Ärztekammer fordert eine Erhöhung der Grundgehälter um 30 Prozent als Ausgleich für die wegfallenden Überstunden und Nacht- bzw. Wochenenddienste. Für das AKH hat das Wissenschaftsministerium festgelegt, dass es eine schrittweise Gehaltserhöhung rückwirkend mit 1. Jänner geben wird.

In Oberösterreich gibt es zwar noch keine Protestmaßnahmen, auf Konfrontationskurs befinden sich die Ärzte aber auch hier. Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) legte den Medizinern in einer Verhandlungsrunde am Freitag einen neuen Vorschlag für ein Gehaltsschema auf den Tisch – allerdings ohne Zahlen zu nennen. Dieser Vorschlag wurde von den Ärztevertretern als "völlig unkonkret und daher nicht beurteilbar" zurückgewiesen. Am Dienstag gehen die Verhandlungen weiter.

Univ.-Doz. DDr. Ferdinand R. Waldenberger wurde am 23. Mai 1958 in Steyr geboren. Er ist ein österreichischer Herzchirurg, Hochschullehrer und seit 1. Oktober 2014 Medizinischer Direktor des Klinikum Klagenfurt. Den verheirateten Vater von drei Töchtern zog es nach Klagenfurt, weil seine Familie Kärntner Wurzeln hat. Er löste hier den pensionierten Hartwig Pogatschnigg ab.

Sein Medizinstudium absolvierte Waldenberger in Innsbruck in neun Semestern, Mit 25 Jahren operierte er das erste Mal an einem Herzen in Houston, Texas. Waldenberger gehörte jenem Team an, das die erste Herztransplantation in Österreich durchführte und war 1984 in Houston verantwortlich für die weltweit erste erfolgreiche Herztransplantation bei einem Neugeborenen. In Berlin führte er 1997 die erste Bypass-Operation am schlagenden Herzen im deutschsprachigen Raum durch. Waldenberger hat zahlreiche Kunstherzen bei Erwachsenen und Kindern implantiert. Er hielt Vorlesungen an der Charite Berlin, der MU Wien und der FH Steyr und verfasste diverse wissenschaftliche Bücher.

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