Bürgermeisterin: "Ich treffe stets auf neue Baustellen"

Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ), Bürgermeisterin von Klagenfurt
Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz über schier unglaubliche Pannen und ein führerloses Haus.

Im April dieses Jahres hat erstmals seit 42 Jahren ein SPÖ-Vertreter am Klagenfurter Bürgermeistersessel Platz genommen, erstmals überhaupt eine Frau: Aber Maria-Luise Mathiaschitz hat von ihrem ewigen Rivalen Christian Scheider (FPÖ) ein schweres Erbe übernommen, wie die 58-Jährige im KURIER-Interview betont.

Bürgermeisterin: "Ich treffe stets auf neue Baustellen"
Hallenbad Klagenfurt. Rutsche bleibt gesperrt.
KURIER: Es wird österreichweit geschmunzelt über Klagenfurt. Über das Stadion, das aufgrund eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofes nicht genutzt werden darf; über ein altes Fernheizwerk, das wieder ans Netz musste, weil das Biomassewerk nicht erreichtet wurde; und über ein Hallenbad, dessen Wasserrutsche im Außenbereich endet, weil niemand die Kosten für die Sanierung übernimmt...

Mathiaschitz: Das Hallenbad ist gelöst. Es gab von meiner Seite Konsequenzen wie die Ablöse von Stadtwerke-Vorstand Christian Peham (er wird für die Missstände im Bad verantwortlich gemacht). Es kann nicht sein, dass Klagenfurts Freibäder Gewinne machen und das Hallenbad Verluste. Und dann soll den Verlust die Stadt übernehmen? Gebühren werden zurückgenommen und die Rutsche wird saniert. Und ich betone: Die Stadt zahlt das nicht.

Hat man sich mit Peham auf den Golden Handshake geeinigt?

Es gibt ein klares Angebot zur einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses. Bislang hat er ein Gespräch abgelehnt.

Mit Ihrer Amtsübernahme hat man sich einen frischen Wind erwartet. Es gibt zweifelsohne eine andere politische Kultur, aber andererseits viele Probleme, auch finanzieller Natur.

Ich treffe stets auf neue Baustellen, es ist ein schweres Erbe. Das Haus war ja sechs Jahre lang quasi führerlos. Und jedes Vakuum wird sofort besetzt – aber von irgendwelchen Leuten. Daher versuche ich, viel anwesend zu sein und klare Hierarchien zu schaffen. Seit Jahrzehnten lebt die Stadt über ihre Verhältnisse, daher ist es so schwierig, die Strukturen zu verändern, um 2018 eine maastrichtkonforme Null-Bilanz zu schaffen. Wenn in einem gewöhnlichen Haushalt schon die Betriebskosten das monatliche Gehalt übersteigen, kann im Budget etwas nicht stimmen.

Es ist unbestritten, dass Sie beispielsweise für das Theater um das Wörthersee-Stadion keine Schuld trifft. Aber warum dauert es zwei Monate, um den sechs Anrainern, die den Bau beeinsprucht haben, einen Kompromissvorschlag zu unterbreiten?

Wir wollen ja beim Landesverwaltungsgericht einen Abänderungsantrag einbringen, der uns letztlich in einem Bescheid auch Rechtssicherheit gibt. Wir limitieren die Arena auf 20 Großveranstaltungen pro Jahr, davon fünf mit multifunktionalem Charakter, haben ein Verkehrskonzept, eine Hotline, der Lärmpegel kann im Internet verfolgt werden ...

Ist das nicht ein unsinniger Eiertanz wegen sechs Anrainern?

Das ist unser Rechtsstaat.

Wie gestaltet sich die tägliche Arbeit mit Blockierer Frank Frey (der grüne Stadtrat ist Mitglied der Koalition und gleichzeitig beeinspruchender Anrainer)?

Ich habe ihm ganz klar signalisiert, dass ich mir eine Lösung erwarte. Und er steht hinter dem Paket.

Viele Agenden mussten Sie nach Ihrem Amtsantritt erst beurteilen, die Seebühne haben Sie sofort versenkt. Wie betrachten Sie die Bestrebungen von Hotelier Heinz Marolt, die Plattform am Klopeiner See wieder aufzubauen?

Bevor die Bühne versenkt wurde, wurden viele Millionen versenkt. Marolts Pläne schaue ich mir sehr entspannt an, erste Reihe fußfrei. Wir in Klagenfurt haben unser Lehrgeld bezahlt.

Klagenfurt, die Eventstadt. Wird man sich Beachvolleyball, Ironman und Starnacht weiter leisten können? Alle Verträge laufen 2016 aus.

In der Form geht es nicht weiter. Bisher war es so: Die Veranstaltungen kosten viel, die Auf- und Abbauarbeiten sind laut und alles verschandelt die Ostbucht. 2016 werden die Veranstaltungen örtlich und zeitlich auf einen Standort zusammengelegt. Und ich werde nicht bei Sozialvereinen streichen und bei Events zahlen. Mindestens 30 Prozent an Förderungen werden gekürzt (Die Stadt unterstützt das Beachevent mit 500.000 Euro jährlich, die anderen Veranstaltungen mit je 250.000).

Ist es vorstellbar, dass ein, zwei Events geopfert werden?

Absolut. Alles ist offen, es gibt keine Tabus und keine Garantien.

Klagenfurt hat 98.000 Einwohner. Ex-Bürgermeister Scheider versuchte mit allen Mitteln, die 100.000er-Hürde zu überspringen. Sogar mir Freifahrt-Tickets für Studenten, damit sie sich für den Hauptwohnsitz Klagenfurt entscheiden. Das geschah mit dem Argument, dass Klagenfurt Millionen an EU-Mittel lukrieren würde.

100.000 bringen höchstens einen größeren Punkt auf der Landkarte. Dieser versprochene Geldsegen ist nur eine Scheider-Mär, also reine Illusion.

Zur Fernwärme: wird die Gebührenerhöhung nun rückgängig gemacht?

Ja. Was die Versorgung betrifft, gibt es den Plan mit den beiden Biomassekraftwerken im Osten und im Norden. Aber der Grund im Norden wurde ja vom Unternehmen (Riegler-Zechmeister Pellets, Anm.) noch nicht gekauft, für den im Osten ist noch kein Geld geflossen. Wir haben nichts, gar nichts, außer Unsicherheit. Und daher gibt es meinen Plan B, den eine Stadt wie Klagenfurt braucht. Es geht um fast 50.000 Fernwärme-Kunden. Daher gibt es die Idee mit der Wärmelieferung aus St. Veit, mit einem Biomassewerk, das ausgeschrieben werden müsste und dem vorhandenen Gaswerk zur Spitzenabdeckung.

Wie und wo wollen Sie Klagenfurt positionieren?

Wir sind angeblich Sportstadt, Unistadt, Eventstadt, Kulturstadt, Messestadt, Bildungsstadt. Alles ein bisserl, aber nichts wirklich. Wir haben die Uni, den Lakesidepark, Fachhochschulen. Es bietet sich folglich an, Bildungsstadt zu sein. Das soll in Absprache mit den Bürgern erfolgen.

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