Kirche in der Krise: Turbulenzen auch in der Militärdiözese

Milak
Zwei hierarchische Rekurse gegen Entscheidungen des Bischofs liegen beim Heiligen Stuhl, auch intern gibt es Kritik.

Die Probleme in der katholischen Kirche gehen weiter. Dem Stift Heiligenkreuz im Wienerwald steht eine päpstliche Visitation ins Haus. In der Diözese Linz gibt es Aufregung um Pfarrzusammenlegungen, eine Arbeitsrechtsklage und um ein millionenschweres Sparpaket. Und jetzt brodelt es in der Militärdiözese rund um Militärbischof Werner Freistätter.

Das lässt sich an einigen Entwicklungen des vergangenen Jahres festmachen. So sind etwa das Budget und die Gebarungsübersicht der Jahre 2023 und 2024 – anders als von allen anderen Diözesen Österreichs – nicht veröffentlicht worden. 

Das dürfte wohl im Zusammenhang damit stehen, dass es seit Längerem zwischen dem Vermögensverwaltungsrat der Militärdiözese und der Führung schwere Verstimmungen gibt. Und zwar über die Verwendung der Mittel der Diözese. Ein Beispiel sei die teure Bewirtung durch das „Schwarze Kameel“ selbst bei „normalen“ Besprechungen, ein anderes ist auf der Facebook-Seite der Militärdiözese zu finden.

Wohin mit dem Geld?

Die Kritik geht dahin, dass die Finanzmittel der Diözese ausschließlich für Seelsorge und pastorale Zwecke eingesetzt werden dürfen. Doch damit wurde unter anderem eine Reise nach Rom anlässlich des Heiligen Jahres finanziert. 

Und anders als bei den Pilgerreisen nach Lourdes, wo Grundwehrdiener eingeladen werden, oder beim Weltjugendtag, wo 30 Plätze für junge Katholikinnen und Katholiken aus der Militärdiözese zur Verfügung gestellt wurden, war besagte Rom-Reise hauptsächlich hochrangigen Offizieren vorbehalten. Soldaten kamen dabei – anders als aus anderen Ländern – kaum zum Zug. 

Aber der neu eingesetzte Vermögensverwaltungsrat der Militärdiözese soll in Rom dabei gewesen sein. Warum das wichtig ist? Weil der vorherige Vermögensverwaltungsrat vom Bischof aufgelöst und der Ökonom seines Amtes enthoben wurden. Diese haben wiederholt die Einhaltung der diözesanen Finanzordnung eingemahnt und seien dabei mit Kritik und Verbesserungsvorschlägen auf taube Ohren gestoßen.

Hierarchische Rekurse

Diese Auflösung wurde an den Heiligen Stuhl gemeldet – mit dem Hinweis, dass dieser dem Budget für 2023 die Genehmigung versagt habe und nur wegen seiner anhaltenden Kritik entmachtet worden sei. Weiters läuft ein „Hierarchischer Rekurs“ gegen die Amtsenthebung des früheren Ökonomen, dessen Dienstverhältnis mit Juni dieses Jahres beendet wurde. 

In der Kritik stehen Bischof Werner Freistetter und sein Generalvikar, wie auch andere Personen darüber hinaus wegen verschiedener Missstände in der Unternehmens- und Führungskultur und wegen des Umgangs mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Militärdiözese.

Vorfälle bei diversen Stellen gemeldet

Diverse Vorfälle wurden bei der parlamentarischen Bundesheerkommission und der „Ombudsstelle gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch“ in der Militärdiözese gemeldet – unterschrieben von einem großen Teil der Bediensteten der Militärdiözese. Und das schon vor mehr als einem Jahr.

Dabei geht es um Frauenfeindlichkeit, Mobbing und nicht wertschätzenden Umgang auf der Dienststelle, alle Betroffenen halten aber explizit fest, dass es sich um keinen sexuellen Missbrauch handelt – was auch die Militärdiözese in ihrer Stellungnahme (siehe unten) betont.

Kritik an Führungsstil

Auch dem Bischof seien diese Vorwürfe zuvor zur Kenntnis gebracht worden – dieser habe nicht reagiert. Seitens der Kommission wurde ein Verfahren geführt, das die Vorwürfe bestätigt und Empfehlungen an den Bischof abgegeben habe. Im vergangenen Mai hat die Kommission aufgegeben.

In einem Schreiben, das dem KURIER vorliegt, heißt es, dass der Kommission seitens des Bischofs nach Verstreichen einer langen Frist und „trotz ausdrücklichen Ersuchens keine Information darüber erteilt wurde, ob, bzw. welche Empfehlungen vom 4. Dezember 2024 umgesetzt wurden“. Das Ersuchen sei „nicht einmal beantwortet“ worden.

Beschwerden, dann Kündigungen

Den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sei ebenfalls nicht bekannt, dass Maßnahmen gesetzt worden seien. Vielmehr hätten in der Zwischenzeit zumindest drei betroffene Personen ihren Job bei der Militärdiözese gekündigt.

Detail am Rande: Im Zuge dieser Beschwerden und Verfahren gibt es einen Maulkorb in Form einer schriftlichen Abmahnung durch Militärgeneralvikar Peter Papst. Dieser droht rechtliche Schritte an, sollte ein Dienstnehmer dieser eingesetzten Kommission „Informationen über innerkirchliche Angelegenheiten und Informationen über staatliche/dienstrechtliche Vorgänge innerhalb des Militärordinariats“ zukommen lassen.

Kommission nicht mehr in der Militärdiözese

Aktuell hat Bischof Werner Freistetter die Ombudsstelle und die Kommission gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch aufgelöst, deren Aufgaben habe die Erzdiözese Wien übernommen. 

Der Leiter der Kommission findet dazu in einem Schreiben an die Mitglieder deutliche Worte: „Es wäre schon ein gewaltiger Fortschritt, wenn sich die Reaktion auf wohlüberlegte Empfehlungen der Kommission nicht mehr auf ein „nicht einmal ignorieren“ beschränken“ würde. 

"Meine Kirche schaut anders aus"

Es sei ein Mindestmaß an Höflichkeit, wenigstens rückzumelden, warum Empfehlungen nicht gefolgt werde. Ernüchtert schließt der ehemalige Leiter: „Von den fünf Betroffenen unseres letzten Falles haben alle ihr Schicksal letztlich selbst in die Hand genommen, gekündigt und neue Jobs gefunden. Einer ist in Pension. Die Kirche, die ich meine, schaut jedenfalls anders aus.“

Die Reaktion der Militärdiözese

Seitens der Militärdiözese erläutert Generalvikar Peter Papst, dass ein „umfangreicher Reformprozess in der Militärdiözese eingeleitet“ wurde, aufgrund dessen auch eine Neuordnung der diözesanen Finanzverwaltung aufgesetzt wurde. 

Weil der Vermögensverwaltungsrat wegen zweier Rücktritte nicht mehr handlungsfähig gewesen sei, habe Bischof Freistetter das letzte Mitglied entpflichtet und einen neuen Rat installiert. In diesem Zuge wurde auch der bisherige Ökonom „entpflichtet“, bestätigt Papst, weil wegen des Reformprozesses „auch der Ökonom vor besonderen Herausforderungen“ steht.

Werner Freistetter

Militärbischof Werner Freistetter

"Erfahrener Finanzverwalter"

Deshalb wurde ein in kirchlicher Finanzverwaltung erfahrener langjähriger Mitarbeiter der Kontrollstelle der Erzdiözese Wien dazu ernannt. Seitens der Militärdiözese werden auch die beiden hierarchischen Rekurse gegen diese Entscheidungen bestätigt, diese seien an den Heiligen Stuhl weitergeleitet worden, diesem werde Bischof Freistetter nicht vorgreifen.

Was die Budgets betrifft, versichert der Generalvikar: Alles sei ordnungsgemäß behandelt worden, der Rechenschaftsbericht für 2024 werde am 10. September abgeschlossen und an die veröffentlichende Stelle geschickt, wie das auch mit dem Rechenschaftsbericht 2023 erfolgt sei.

"Kein Honorar bezahlt"

Zur Rom-Reise heißt es, der Prozess für die Teilnahme sei ähnlich jenem des Weltjugendtages abgelaufen. Die Frage, wer die Kosten für die hauptsächlich hoch bezahlten Offiziere getragen habe, wurde nicht beantwortet. Bestätigt wurde hingegen, dass Generalvikar Papst einen finanziell dotierten Vertrag angestrebt habe, dieser aber nie abgeschlossen worden sei. Somit sei weder ein Honorar aus diesem Titel geflossen noch ein Klimaticket bezahlt worden.

"Klärendes Gespräch geführt"

Zum kritisierten Führungsstil in der Diözese schickt der Generalvikar voraus, dass es sich dabei nicht um sexuellen Missbrauch gehandelt habe und dieser Themenkomplex einer besonderen Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflicht unterliege.

Jedoch habe Bischof Freistetter „ein klärendes Gespräch mit der beschuldigten Person geführt“, aufgrund des vertraulichen Berichts seien auch Maßnahmen gesetzt worden, „um die anlassgebende Situation zu entschärfen, und es zu keinen Berührungspunkten zwischen den Personen, die Beschwerde führten und der beschuldigten Person gab“. Verlassen haben drei Personen die Militärdiözese dennoch.

Abschließend betont die Militärdiözese, dass der Bischof nicht zu einer Stellungnahme zu Empfehlungen der Diözesanen Kommission verpflichtet sei. Dass die Ombudsstelle aufgelöst wurde, „trifft so nicht zu“, schreibt Papst. 

Vielmehr hätte Bischof Freistetter sofort nach der Rücklegung der Leiterin der Ombudsstelle dafür Sorge getragen, dass diese Agenden durch die entsprechenden Stellen der Erzdiözese Wien übernommen werden.

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