Kinder schlugen 12-Jährigen spitalsreif: "Sie spielen Filmszenen nach"
Im Elektronik-Shop eines Einkaufscenters am Rande Innsbrucks gerieten am Freitag vier Kinder aneinander. Grund war ein Streit darüber, wer als Erster an eine freie Spielekonsole durfte. Der Disput verlagerte sich in ein angrenzendes Möbelhaus, dort gingen zwei Zwölfjährige und ein Neunjähriger mit Tritten und Faustschlägen auf einen Zwölfjährigen los. Dieser erlitt dabei Verletzungen im Gesicht und eine Gehirnerschütterung und musste in die Uniklinik eingeliefert werden.
„Gegen die drei Kinder wurde Anzeige erstattet. Diese geht an Staatsanwaltschaft und Jugendfürsorge“, sagte ein Sprecher der Polizei dem KURIER. Alle drei mutmaßlichen Täter sind der Polizei bekannt; sie sind allerdings noch nicht strafmündig. Den Buben, den sie verprügelten, kannten sie vorher nicht. Laut Polizei hatte dem 12-Jährigen niemand geholfen.
„Raufereien gab es auch früher. Aber das waren Streitereien unter Kindern, die einander kannten“, sagt die Psychotherapeutin Rotraud Perner, die Gewaltprävention lehrt, zum KURIER.
Brutaler
Seit den 1990er-Jahren lasse sich folgende Entwicklung feststellen: Die Angriffe werden brutaler, sie hören auch nicht auf, wenn das Opfer verletzt ist, und es greift niemand ein. Perner: „Die Täter spielen Filmszenen nach. Sie wissen nicht, welche Verletzungen sie damit anrichten können.“ Sie fordert mehr Aufklärung in der Schule.
Aus der computergestützten Hirnforschung wisse man, dass sich Menschen meist mit „Helden“ identifizieren; mit Opfern identifiziert sich fast niemand. „Das heißt, die Leute sind darauf trainiert, unbeteiligt zuzuschauen. Seit der Kindheit haben sie eingespeichert: Nur nicht einmischen.“
Auch bei prügelnden Kindern? „Ja“, sagt Perner. „Je mehr Leute herumstehen, desto mehr erwartet man, dass andere aktiv werden.“ Was könne man in so einer Situation tun? „Oft hilft es schon, jemanden anzubrüllen. Die Stimme ist auch eine Waffe. Das gehört trainiert.“
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