Erschütterndes Ergebnis
Nachdem eine Obduktion einen Tag später den ersten Verdacht bestätigt, werden die Eltern – damals 26 und 25 Jahre alt – festgenommen. „Das Kind ist verhungert. So etwas passiert nicht von heute auf morgen“, erklärte Hansjörg Mayr, sagte der Sprecher Staatsanwaltschaft Innsbruck.
Es sei davon auszugehen, „dass die Eltern den Tod des Buben billigend in Kauf genommen haben.“ Die beiden Österreicher sind seit nunmehr bald einem Jahr Untersuchungshaft. „Es besteht weiter dringender Tatverdacht wegen Mordes“, so Mayr.
Ermittlungen beendet
Inzwischen würde der Abschlussbericht des Landeskriminalamts (LKA) Tirol vorliegen. „Die Ermittlungen sind im März abgeschlossen worden.“ Diese Ergebnisse habe die beauftragte Gerichtspsychiaterin abwarten wollen, so Mayr. Nun ist die Expertin am Zug. Bis zu einer möglichen Anklageerhebung dürfte also noch einige Zeit vergehen.
Ungeachtet von Schuld oder Unschuld des unter Mordverdacht stehenden Elternpaares ist dieser Fall der zweite innerhalb kürzester Zeit in Tirol, der nach dem Tod eines Kindes mit einer überlangen Untersuchungshaft verbunden ist.
Im Fall Leon saß Florian Appler, der Vater des in der Kitzbüheler Ache ertrunkenen Buben, bis zu seinem rechtskräftigen Freispruch im vergangenen Sommer ebenfalls unter Mordverdacht hinter Gittern.
„Von Verteidigerseite ist so eine lange Verfahrensdauer natürlich zu kritisieren“, sagt Matthias Holzmann, der den Vater des verhungerten Buben vertritt. Zum Fall selbst will er sich aber nicht äußern.
Breite Debatte in Tirol
Der hat nicht nur das Dorf erschüttert, in dem das Kind unbemerkt von der Öffentlichkeit gestorben ist. Wie so etwas überhaupt möglich sein kann, führte zu einer breiten Debatte in Tirol.
Für Vater wie Mutter des Dreijährigen gilt die Unschuldsvermutung. Behördlich waren die beiden nie auffällig geworden. Bei der Kinder- und Jugendhilfe gab es keine Meldungen zu der Familie.
Die besteht neben den Eltern noch aus drei weiteren Kindern: der Zwillingsschwester des verhungerten Buben, sowie einer jüngeren und einer älteren Schwester – im Vorjahr ein und sechs Jahre alt.
Drei Geschwister wohlgenährt
Im Gegensatz zu ihrem Bruder hatten die Mädchen alle keine Mangelerscheinungen, waren wohlgenährt, wie es damals hieß. Sie wurden nach der Verhaftung ihrer Eltern in die Obsorge der Jugendhilfe gegeben.
Bei einem KURIER-Lokalaugenschein vor einem Jahr sprachen Nachbarn in der erst 2022 erbauten Wohnsiedlung von einer unauffälligen Familie, zu der die meisten aber keine Beziehungen pflegten. Eltern im Ort, deren Kinder mit der ältesten Schwester des Dreijährigen in den Kindergarten gingen, fragten sich: „Hätten wir etwas bemerken müssen?“
Eine ältere Frau, die regelmäßig in dem Haus zu Besuch war, in dem der Dreijährige an Mangelernährung starb, wurde erst auf Nachfrage bewusst, dass sie den Buben „eigentlich schon ewig nicht mehr gesehen“ hatte.
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