Keine Kündigung wegen möglicher Schwangerschaft
Sie könne und wolle ja vermutlich bald wieder schwanger werden und das würde zu teuer kommen - mit dieser Begründung wurde einer jungen Kanzleikraft von ihrem Arbeitgeber, einer Anwaltskanzlei, die Kündigung überreicht. Zu Unrecht, wie jetzt der Oberste Gerichtshof (OGH) feststellte. Die Kanzlei muss der Frau daher 13.793,45 Euro Entschädigung für den Verdienstausfall und die erlittene persönliche Beeinträchtigung zahlen.
Was war passiert? Die Frau war seit Anfang 2009 befristet als Kanzleikraft angestellt. Beim Abschluss des Vertrages hatte sie der Arbeitgeber (unerlaubterweise) gefragt, ob sie denn in absehbarer Zeit schwanger werden wolle. Sie verneinte - woraufhin ihr erklärt wurde, dass die Befristung "eine reine Formsache" sei und ihr Vertrag, "wenn alles passt", in einen unbefristeten umgewandelt werde.
Wenige Monate später allerdings wurde die Frau schwanger und gab das der Kanzlei auch bekannt. Auf die Frage, ob es denn ein "Unfall" gewesen sei, erwiderte die werdende Mutter: Nein, es sei ein Wunschkind. Daraufhin verschlechterte sich das Arbeitsklima massiv, die Frau wurde links liegen gelassen und man warf ihr vor, dass man sie gar nicht erst eingestellt hätte, wenn man gewusst hätte, dass sie schwanger werden will.
Fehlgeburt
Über die Gründe kann nur spekuliert werden - aber kurz darauf verlor die Frau ihr Kind. Und als sie nach drei Wochen Krankenstand in die Firma zurückkehrte, verlor sie auch noch ihren Job. Als Grund für die Kündigung gab der Arbeitgeber an, dass das Kind, das sie verloren hatte, ja ein Wunschkind gewesen sei - es sei daher sehr wahrscheinlich, dass sie wieder schwanger wird und mit Komplikationen zu rechnen ist. Das würde der Kanzlei teuer kommen.
Die Frau sah sich nach dem Gleichbehandlungsgesetz diskriminiert, weil eine - mögliche - Schwangerschaft als Motiv für die Kündigung vorgebracht wurde. Das Landesgericht St. Pölten sah dies ebenso und sprach ihr Ersatz für entgangenes Gehalt und sowie eine Entschädigung zu. Dies bestätigten sowohl das Oberlandesgericht Wien als auch der OGH.
Letzterer stellte fest, dass nicht nur die Kündigung wegen einer bestehenden Schwangerschaft diskriminierend sei. Auch „wenn der maßgebliche Grund für eine Kündigung in der konkreten Annahme des Arbeitgebers liegt, dass eine Arbeitnehmerin bald schwanger werde“, liege eine Diskriminierung vor.
Den Einwand der Anwaltskanzlei, es sei noch keine tatsächliche neue Schwangerschaft vorgelegen und die Einbeziehung „möglicher Schwangerschaften“ lasse den Kündigungsschutz ausufern, ließ das Höchstgericht nicht gelten. Schließlich schütze das "Mutterschutzgesetz die Schwangere völlig unabhängig von den konkreten Motiven, ja sogar der Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft vor einer Kündigung, während es die Anfechtung nach dem Gleichbehandlungsgesetz erfordert, dass das konkrete Motiv des Arbeitgebers für die Kündigung glaubhaft gemacht wird".
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