Keine Fahrgäste wegen Corona: Taxler "kämpfen um jeden Cent"

Keine Fahrgäste wegen Corona: Taxler "kämpfen um jeden Cent"
Die Straßen sind leer – die Autoschlangen an den Standplätzen lang: Die Taxibranche vermeldet Umsatzeinbußen von bis zu 100 Prozent.

Exakt 12 Euro. So viel hat Erwin Makris heute verdient. Und das, obwohl er mit seinem Taxi schon seit dem frühen Morgen am Standplatz steht.

Denn so ideal die Verkehrslage auch wäre – freie Fahrt sogar am Gürtel! –, so verheerend ist das Kundenaufkommen: Wiens Straßen sind weitgehend leer, umso länger ist die Schlange an Taxis, die an den Standplätzen warten.

Die Quarantänemaßnahmen wirken für die Taxi-Branche – wie für so viele andere – existenzbedrohend. Von bis zu 80 Prozent Ausfällen war am Dienstagfrüh zu hören. Es sind „eher bis zu 100 Prozent“, heißt es auf Nachfrage aus Wien.

"Wer hat denn in nächster Zeit noch das Geld, um mit dem Taxi zu fahren?“

von Erwin Makris

Taxifahrer in Wien

Rund 3.000 Taxis sind an einem durchschnittlichen Tag in Wien auf der Straße. Jetzt, in Corona-Zeiten, halten immer weniger die Stellung. Und selbst für sie reicht es nicht.

Erwin Makris fährt bereits seit 25 Jahren Taxi, so schlimm wie derzeit sei es aber noch nie gewesen: „Ich kämpfe um jeden Cent“, sagt Erwin Makris. Denn die Ausgaben, die laufen weiter – die Versicherung fürs Auto und auch die Funkgebühr von rund 600 Euro monatlich.

Wer hat noch Geld?

Das Problem, vor dem die Branche steht, ist ein langfristiges: Da ist nicht nur die Konkurrenz durch den Fahrtenvermittler Uber, die den Taxlern schon vor der Krise zugesetzt hat. „Auch die Auswirkungen von Corona werden wir noch länger spüren als andere“, meint Makris. „Wer hat denn in nächster Zeit noch das Geld, um mit dem Taxi zu fahren?“

Ob die staatlichen Hilfen für Taxiunternehmer greifen, da sind sich viele nicht sicher: Sie werden ganz massiv auf den Härtefallfonds der Bundesregierung angewiesen sein.

Abstand halten: Bald schon wird in den Wiener Taxis Desinfektionsmittel bereit stehen: Die Wirtschaftskammer Wien hat 10.000 Flaschen für Fahrer und Kunden bestellt. Schon jetzt gilt: Die Fahrer sind angehalten, den Innenraum regelmäßig zu reinigen – vor allem Türschnalle und Handgriffe. Fahrgäste sollen in größtmöglichem Abstand sitzen

Botenfahrten, Einkäufe: Taxis stehen derzeit vermehrt für Botenfahrten zur Verfügung: Der Taxler des Vertrauens kann dabei sogar den Einkauf selbst übernehmen

Instrumente wie Bürgschaften oder Überbrückungskredite werden in der Branche wohl nicht zum Tragen kommen, sagen Insider. Das Geschäft war immer schon ein unsicheres – man lebe ja quasi „von Auftrag zu Auftrag“.

Beim Konkurrenten Uber will man zur aktuellen Auftragslage nichts sagen, nur soviel: Man nehme die Lage ernst – und wolle beim Abflachen der Kurve helfen.

Hoffen auf Gutscheinaktion

Über Wasser halten sich viel Taxler derzeit mit Botenfahrten und als Shuttledienst für Pflegekräfte. „Aber auch da ist jede Fuhre hart umkämpft“, sagt Makris.

Hoffnung setzt man in eine Aktion der Stadt Wien, die in dieser Woche anlaufen soll: Alle Wienerinnen und Wiener über 65 Jahre erhalten einen Brief, mit dem sie einen 50-Euro-Taxigutschein anfordern können – für Einkäufe oder Wege zum Arzt. Das sind immerhin 300.000 potenzielle Kunden.

Zu den finanziellen Sorgen kommen bei vielen Taxlern auch jene um die eigene Gesundheit: Wenn sie im Dienst sind, gilt eine Beförderungspflicht. Ob man bei einer Fahrt Kontakt zu einem Corona-Infizierten hat oder nicht, das weiß man nie.

Viele Fahrer sind daher aktiv geworden. Sie tragen Schutzmasken oder haben sich gar mit Klarsichtfolie Barrieren gebaut. (Eine echte Abtrennung durch Plexiglas, wie man sie aus anderen Städten im Ausland kennt, ist angeblich laut Landesbetriebsordnung verboten.)

Kammer ordert Desinfektionsmittel

Auch die Wiener Wirtschaftskammer ist aktiv geworden – und hat 10.000 Flaschen Desinfektionsmittel bestellt, die in Kürze an Fahrer und Fahrgäste verteilt werden sollen. Darüber hinaus gilt: Das Taxi soll regelmäßig geputzt, desinfiziert und gelüftet werden. Und die Benutzung des Beifahrersitzes ist untersagt.

Auch Erwin Makris hat hier vorgesorgt: Seinen Beifahrersitz hat er ganz nach vorne geschoben. Der Fahrgast sitzt im Idealfall rechts hinten – mit größtmöglichen Abstand.

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