Kein Schadenersatz, wenn der Mann impotent wird

Die Ehefrau eines Unfallopfers wollte 16.000 Euro für die verlorene Lebensfreude - und blitzte beim OGH ab.

Mit Sex, fiktivem Sex und entgangener Lebensfreude hatten sich jetzt Österreichs Höchstrichter zu beschäftigen. Eine Oberösterreicherin, deren Ehemann 2011 einen Motorradunfall hatte, wollte vom gegnerischen Autolenker, dem Zulassungsbesitzer und dessen Haftpflichtversicherung Schadenersatz. Was das mit Sex zu tun hat? Die 16.000 Euro sollten der Klägerin darüber hinweg helfen, dass ihr Mann seit dem Unfall impotent ist.

Der heute 61-Jährige hatte bei dem Unfall (bei dem der Erstbeklagte den Vorrang verletzt hatte) einen Beckenbruch erlitten - als Dauerfolge blieb eine erektile Dysfunktion. Seine 55-jährige Ehefrau wollte sich mit dem "Verlust der aus dem Sexualleben ersprießenden gemeinsamen Lebensfreude" nicht einfach abfinden und begehrte von den Beklagten 16.000 Euro Schadenersatz.

Fiktiver Geschlechtsverkehr um 60 Euro

Begründung: Wenn sie auch bis dato noch keinen Arzt konsultiert habe, so besitze ihre psychische Beeinträchtigung dennoch bereits Krankheitswert. Sie habe Angst, erklärte die Frau, ihr "bisher harmonisches und von sexuellem Verlangen gekennzeichnetes Eheleben" könnte durch den Verlust dieser gemeinsamen Lebensfreude brüchig werden. Und weiter: Sie habe auch "Angst, dass die unfallbedingt hervorgerufene sexuelle Enthaltsamkeit gravierende psychische und psychosoziale Folgen nach sich ziehen" könne. Bei einer Schmerzengeldberechnung nach angemessenen Tagessätzen sei "fiktiv pro außerhäuslichem, anonymem Geschlechtsverkehr ein Preis von zirka 60 Euro anzusetzen".

Die Vorinstanzen hielten daraufhin fest, dass nicht jede Beeinträchtigung der Lebensfreude einen ersatzfähigen Schaden begründet. Eine von der Rechtsprechung für die Zuerkennung eines derartigen Drittschadens geforderte „schwerste“ Verletzung des Angehörigen sei hier nicht gegeben.

Das Berufungsgericht hingegen ließ die Revision zu, weil "zur Frage, ob einer Ehefrau wegen der bei einem Unfall erlittenen dauerhaften Impotenz ihres Ehemanns und einer daraus bei ihr eingetretenen psychischen Beeinträchtigung mit Krankheitswert ein eigener Schmerzengeldanspruch zustehe, höchstgerichtliche Rechtsprechung" fehle. Die Ehefrau war der Meinung, anstelle der erforderlichen Schwerstverletzung könnte ja "das Merkmal einer intensiven Gefühlsgemeinschaft treten". Sie sei als unmittelbar Geschädigte zu betrachten, erklärte die 55-Jährige, weil sie durch die Impotenz ihres Ehemannes, mit dem sie bis zu diesem Unfall ein aktives Sexualleben geführt habe, in ihrem Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit beeinträchtigt worden sei. Es liege daher eine dauerhafte psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert vor.

Der OGH zeigte zwar Verständnis für die Frau und gestand ihr auch "die zweifellos vorhandene Einbuße an Lebensfreude" zu - die Revision wies er dennoch als unzulässig zurück. Denn die Klägerin habe "nach ihrem eigenen Vorbringen noch keinen Arzt konsultiert; sie hat daher selbst ihren Zustand nicht für behandlungsbedürftig gehalten". Zudem beschriebe sie auch kein konkretes akutes Krankheitsbild, sondern nur ihre Angst vor künftigen psychischen Folgen. "Eine Abgeltung bereits für die zweifellos vorhandene Einbuße an Lebensfreude würde ein Ausufern der Haftung für grundsätzlich nicht ersatzfähige Drittschäden bedeuten", urteilten die Höchstrichter.

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