Katastrophenschutz: "EU gefährdet Freiwilligensystem"

Katastrophenschutz: "EU gefährdet Freiwilligensystem"
Kommission will neue Einsatzeinheiten in Europa.  Feuerwehr und Rotes Kreuz gegen Zentralisierung.

Auslöser waren die Waldbrände in Portugal. Da mussten im Vorjahr russische Flieger aushelfen, weil Katastropheneinheiten aus Europa nicht verfügbar waren. Die EU-Kommission nahm das zum Anlass, um den Katastrophenschutz neu zu organisieren. Das vorgelegte Ergebnis aber stößt in Österreich auf massiven Widerstand. Man befürchtet eine Verbürokratisierung und Kommerzialisierung des Katastrophenschutzes. Und man befürchtet vor allem negative Auswirkungen auf das österreichische Freiwilligensystem bei Feuerwehr und Rettungskräften.

Organisiert hat diesen Widerstand der niederösterreichische EU-Abgeordnete Lukas Mandl (ÖVP). Er sitzt im Nachhaltigkeitsausschuss und ist dort auf das Thema gestoßen. Mandl: „Grundsätzlich geht der Ansatz in die richtige Richtung, aber es werden nicht die richtigen Maßnahmen gesetzt.“

Die EU plane, selber Gerätschaften für große Katastrophen wie Waldbrände, Erdbeben oder Überschwemmungen anzuschaffen, zentrale Verwaltungsstellen einzurichten und auch eigene – auf Hauptamtliche abgestellte – Einheiten zu rekrutieren. Mandl: „Katastrophen muss man aber zu 99 Prozent regional begegnen.“ Und: „Für Österreich brächte der Plan keinen Mehrwert. Es kostet mehr Geld, macht aber den Katastrophenschutz nicht schlagkräftiger.“ Außerdem wäre die Aushöhlung des Ehrenamts bei Blaulichtorganisationen die Folge.

Referate in Brüssel

Mandl organisierte deswegen in Brüssel bei einem Expertengespräch den Auftritt von zwei Vertretern des österreichischen Freiwilligenwesens: Bundesrettungskommandant Gerry Foitik und Armin Blutsch, Vizepräsident des Bundesfeuerwehrverbandes. Beide referierten über das heimische Freiwilligensystem und beide sind entschiedene Gegner der Vorstellungen auf EU-Ebene.

Gerry Foitik: „Katastrophenschutz ist Aufgabe der Länder und Gemeinden. Wir haben in Österreich beste Erfahrungen mit der lokalen Aufarbeitung von Katastrophen.“ Auf europäischer Ebene gebe es bei größeren Katastrophen das Gemeinschaftsverfahren, „das seit 20 Jahren funktioniert“. Beim Rote Kreuz würde man wissen, wie internationale Zusammenarbeit funktioniert.

Neue Investitionen auf europäischer Ebene würden außerdem dazu führen, dass die Mitgliedsstaaten auf regionale Ebene weniger in den Katastrophenschutz investieren. Armin Blutsch: „Man verlässt sich dann mehr auf die Zentralstellen, als dass man selbst vorsorgt.“ Was wiederum auf das derzeit dichte Netz der Freiwilligenorganisationen Auswirkungen hätte.

Private Feuerwehren?

Für Foitik ist klar, dass die EU so „das Freiwilligensystem gefährdet“. „Alle Maßnahmen, die das Freiwilligenwesen gefährden, sind abzulehnen. Was die EU da vorhat, ist eine drohende Kommerzialisierung“, sagt der Rettungskommandant. Die Neuaufstellung des EU-Katastrophenschutzes werde über Ausschreibungen laufen, mit verschiedensten Anbietern. Blutsch: „Das ist der Beginn von Privatfeuerwehren.“

Dass die Waldbrandbekämpfung in Portugal nicht so funktioniert hat, ist für den Amstettner Feuerwehrmann keine Überraschung. „Portugal hat nicht dieses flächendeckende Feuerwehrwesen wie wir“, sagt Blutsch. Viele könnten sich deswegen nicht vorstellen, dass Freiwilligensysteme in Europa im Stande sind, nachhaltig zu helfen. Die Schnee- und Eiskatastrophe in Slowenien, bei der Feuerwehren aus NÖ vier Wochen im Einsatz waren, habe gezeigt, dass es möglich ist. Blutsch: „Es kann sich keiner vorstellen, dass so etwas mit Freiwilligen funktioniert. Aber es hat funktioniert.“ Mandl: „Es hat mit Herz funktioniert.“

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