Jugendgefängnis in Gerasdorf ist halb leer – Grund ist das Rauchverbot

Jugendgefängnis in Gerasdorf ist halb leer – Grund ist das Rauchverbot
Spezialisierte Justizanstalt könnte 122 junge Straftäter betreuen, doch aktuell sind nur rund 60 da. Das wirkt sich auf Ausbildungen aus.

Seit 1. Jänner 2019 ist die Justizanstalt Gerasdorf in Niederösterreich die erste Nichtraucher-Justizanstalt Österreichs. Und seither hagelt es Beschwerden – von den Insassen. Denn Ersatz-Angebote wie ein eigener Sportlehrer, gesunde Nahrung oder Entspannungsübungen kamen bei den Häftlingen nicht an. Im Gegenteil: Immer öfter wollen sie eine freiwillige Verlegung in den Erwachsenen-Vollzug. Denn dort dürfen zumindest die jungen Erwachsenen (zwischen 18 und 21, Anm.) rauchen. Die Folge: Gerasdorf könnte 122 Insassen betreuen. Aktuell sind aber nur rund 60 da. Und das wiederum schlägt sich auf die Ausbildungsmöglichkeiten nieder.

Es ist nur ein Aspekt, den der Wahrnehmungsbericht der Volksanwaltschaft enthält. Konkret wurde das gesamte Thema „Jugend in Haft“ geprüft.

Fensterkitt in Zeitungspapier

Doch das Thema Rauchen begegnete der Volksanwaltschaft immer wieder. Und Justizwache-Beamte aus Gerasdorf schilderten: „Derzeit wird in der Justizanstalt alles geraucht, nur keine Zigaretten. Fensterdichtungen werden in Zeitungspapier gewickelt und geraucht, ebenso Tee.“

Der Schwund an den jungen Insassen zieht allerdings einen Rattenschwanz an Konsequenzen mit sich. Denn durch die geringen Belagszahlen fallen auch Ausbildungen weg. Ein weiteres Problem ist der steigende Anteil der jungen Insassen mit Migrationshintergrund mit schlechten Sprachkenntnissen. Doch Sprachkenntnisse sind für eine Lehre unumgänglich. Und noch ein weiterer Aspekt macht Gerasdorf zu schaffen: Die meisten Jugendlichen bleiben nicht einmal ein Jahr in Haft. Somit ist eine Lehrausbildung nicht möglich. Allgemein weist die Betreuung der jungen Straftäter einige Baustellen auf. So müssen Jugendliche von Erwachsenen getrennt werden. In der Justizanstalt Feldkirch aber gibt es gar keine eigene Jugendabteilung.

Zu wenig Personal

Auch die eigentlich lockeren Haftbedingungen für Jugendliche werden oft nicht eingehalten. Das betrifft etwa die Öffnung der Hafträume oder die Besuchszeiten. Grund (neben der Pandemie): Zu wenig Personal. Oft fehlt es auch an speziell ausgebildeten Mitarbeitern für den Jugendvollzug.

„Auch wenn sich die einzelnen Justizanstalten bemühen und das Personal engagiert ist, fehlt es an den nötigen Ressourcen. Noch mehr speziell ausgebildetes Personal für die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung ist dringend von Nöten, um gewährleisten zu können, dass die Jugendlichen die nötige Unterstützung und Förderung bekommen, die sie dringend bräuchten“, hält Volksanwältin Gaby Schwarz (ÖVP) fest.

Besonders betroffen sind davon weibliche inhaftierte Jugendliche. „Eine geringe Zahl an weiblichen jugendlichen Gefangenen rechtfertigt nicht, dass es wesentlich weniger Möglichkeiten gibt, was zum Beispiel Beschäftigung und Ausbildung betrifft“, sagt Schwarz.

 

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