Jörg Haider und die blinde Justitia
Manche tun sich in Kärnten nach wie vor schwer, Jörg Haiders Unfall von 2008 als halsbrecherische Todesfahrt eines Alkoholisierten zu akzeptieren. Nicht anders ist es zu erklären, dass Verschwörungstheorien blühen und selbst das Land nicht weiß, wie man mit einer "Justitia"-Statue, die an der Haider-Gedenkstätte aufgestellt wurde, umgehen soll.
Justitia, die Personifikation der Gerechtigkeit. In der linken Hand hält sie eine Waage, in der rechten ein Richtschwert. Eine solche Statue steht seit wenigen Tagen an der Haider-Gedenkstätte in Lambichl, Gemeinde Köttmannsdorf, wo 2008 die Heimfahrt des 58-jährigen Landeshauptmanns von Kärnten ins Bärental ein jähes Ende fand. Wenn da nicht die Binde um die Augen der Justitia wäre, die in diesem Fall wohl eher nicht die Unparteilichkeit trotz Rang und Ansehen der Person, sondern die Blindheit der Justiz symbolisieren soll.
"Eine Verschwörung"
"Ein Oberösterreicher hat die Statue aufgestellt, weil er weiß, dass eine Verschwörung die Todesursache war", kennt Rudi Maier aus Villach den Hintergrund. Er kümmert sich um die Gedenkstätte, kehrt den Gehsteig, räumt Kerzen weg und schneidet die Hecke. "Das bin ich dem Doktor Haider einfach schuldig", sagt er im KURIER-Gespräch.
Kärntens Straßenbaureferent Gerhard Köfer (Team Stronach) erfuhr, dass die Statue auf Landesgrund steht. Er habe sie samt beigelegter Hetzbroschüre entfernen lassen wollen, sagt er. "Plötzlich stand die Statue im Gebüsch hinter der Gedenkstätte. Das ist Privatgrund", betont Köfer. "Genau deshalb habe ich sie ja verschoben", verrät Maier. "Die Justitia soll ewig dort stehen bleiben." Aus diesem Grund wurde sie wohl auch an einen Jörg-Haider-"Grabstein" angekettet.
KURIER-Recherchen beim Besitzer jenes Grundstücks, das bei Lambichl 4 an die Gedenkstätte grenzt, ergaben ein anderes Bild. "Die Justitia steht nach wie vor auf Landesgrund. Mein Eigentum beginnt erst hinter der Hecke, dort ist auch ein Zaun aufgezogen", sagt Grundstücksbesitzer Zlatko Butolen aus Köttmannsdorf.
Köfer, mit dem neuen Sachverhalt konfrontiert, will die Statue dennoch unangetastet lassen. "Wenn man glaubt, dass man dadurch Vergangenes am Leben erhalten kann, soll’s so sein. Ich will der Geschichte nicht den großen Rahmen geben", sagt er. Entfernen ließ Köfer hingegen einen Dreiecksständer, über den eine Zeitung von Verschwörungstheoretikern verbreitet werden sollte.
Der Hype um die Haider-Gedenkstätte hat in den vergangenen Jahren übrigens erheblich nachgelassen. "Nur" 1000 Kerzen wurden heuer am Todestag von einem unbekannten Spender entflammt. Im Vorjahr waren es noch 2000 gewesen.
In der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2008 starb Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider in Lambichl, südlich von Klagenfurt, bei einem Verkehrsunfall. Mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,8 Promille und einer Geschwindigkeit von 142 km/h kam der 58-Jährige mit seinem VW Phaeton von der Straße ab, wobei der Wagen unter anderem gegen einen Betonpfeiler krachte.
Obwohl zwei Gutachten ausschließlich einen Fahrfehler Haiders als Ursache ergaben, ranken sich immer wieder Verschwörungstheorien (Sprengfallen, Mossad, Raketen- angriff) um den Unfall.
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