Jahrelang umkämpftes Kraftwerk im Kühtai darf gebaut werden
Neben Erweiterungen von Skigebieten ist der von der ÖVP in Tirol forcierte Ausbau der Wasserkraft das am heißeste umkämpfte Themengebiet zwischen Naturschützern und Landespolitik.
Zuletzt hatte VP-Landesrat Josef Geisler für einen Eklat gesorgt, als er eine WWF-Expertin bei der Übergabe einer Petition gegen das geplante Kraftwerk Tumpen-Habichen im Ötztal als „widerwärtiges Luder“ bezeichnete. Die Affäre stürzte die schwarz-grüne Koalition in eine ernste Krise.
Am Montag vermeldete der Landesenergieversorger Tiwag, dass der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) nach einem elfjährigen Verfahren grünes Licht für ein zentrales Projekt des Unternehmens gegeben hat, das noch viel heftiger bekämpft wird, als das Vorhaben im Ötztal.
Im Kühtai darf demnach eine Erweiterung der Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz gebaut werden, in die fast eine Milliarde Euro investiert werden soll.
„Mit dem nun vorliegenden Erkenntnis ist die umfassende Prüfung der Umweltverträglichkeit für die Errichtung und den Betrieb des Ausbaues Kühtai endgültig abgeschlossen und von allen Höchstgerichten bestätigt“, erklärte Tiwag-Vorstandsvorsitzender Erich Entstrasser.
„Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist dieses Projekt umso wichtiger, als Konjunkturmotor für die Tiroler Bauwirtschaft“, freute sich VP-Landeshauptmann Günther Platter, für den der Ausbau der Wasserkraft eine wichtige Voraussetzung zum gesteckten Ziel der Tiroler Energieautonomie ist.
Bei den Gegnern des Vorhabens, für das im Längental ein Speichersee mit 31 Millionen Kubikmetern Fassungsvermögen gebaut werden soll, ist die Enttäuschung hingegen groß.
„Wir haben alles getan, was möglich war“, sagt Sepp Rettenbacher von einer Bürgerinitiative rund um den Tourismusverband im Stubaital. Die hat das Kraftwerk, wie auch die Gemeinde Neustift, bis zuletzt bekämpft, weil man um die Folgen der für das Kraftwerk geplanten Wasserableitungen aus drei Gletscherbächen fürchtet.
„Es ist ein Wahnsinn, wenn man etwas durchzieht, gegen das das ganze Tal ist. Da wird einfach drübergefahren“, sagt Rettenbacher, der den Entscheid am Montagnachmittag selbst noch nicht vorliegen hatte.
Im Stubaital sind Erlebniswege um das noch wilde Wasser als touristisches Standbein aufgebaut worden. Das Erfolgsprojekt sieht man nun gefährdet und bangt in Zeiten des Klimawandels zudem um die Wasserversorgung in der Region.
Baustart 2021
Der ebenfalls im Verfahren beteiligte Alpenverein (OeAV) und der WWF kritisieren die Zerstörung von wertvollen Naturflächen durch den Bau des Speichersees im Kühtai und sehen einige der letzten freien Fließstrecken in den heimischen Alpen gefährdet. "Die Entscheidung ist nur schwer zu akzeptieren", sagt Liliana Dagostin, Leitern der Naturschutzabteilung beim OeAV.
Im Frühjahr 2021 will die Tiwag die Bauarbeiten starten.
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