Ist ein Zeckenbiss ein Arbeitsunfall?
Viele Menschen verbringen ihre Arbeitszeit mehr oder weniger im Freien: Vom Polizisten über den Forstarbeiter bis zum Lehrer an einem Wandertag. Am Höhepunkt der Zeckensaison stellt sich die Frage: Ist ein Biss ein Arbeitsunfall oder nicht? Denn die Fragen ist entscheidend für Schadenersatz, bis hin zu Pensionszahlungen. Da Zecken (aber auch Wespen oder Bienen) Krankheiten und Allergien verursachen, die zu schweren Folgeschäden führen können, sind immer wieder die Gerichte damit befasst.
Ein aktuelles Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) beschäftigte sich nun mit einem steirischen Hubschrauberpiloten. Dieser ist für den ÖAMTC in der "Christophorus"-Staffel tätig. Damit ist der Mann natürlich öfters im Freien während seiner Arbeit. Während seines Dienstes im Oktober 2011 biss ihn ein Zeck unter der Achsel, vermutlich während einer so genannten Außenlandung im Wald. Im Folgejahr traten schließlich Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen und Sehprobleme auf – der Pilot erlitt eine Borrelioseinfektion. Er war längere Zeit dienstunfähig.
Stunden entscheiden
Die AUVA in Wien lehnte es dennoch ab, dies als Berufsunfall zu werten. Denn laut Gesetz gelte dies nur für "Unternehmen der Land-und Forstwirtschaft sowie auf Tätigkeiten in Unternehmen, bei denen eine ähnliche Gefährdung besteht".
Das reichte dem OGH nicht aus, um eine ähnliche Gefährdung zu sehen. Der Pilot, der mittlerweile wieder beim ÖAMTC seinen regulären Dienst versieht, bekam zu Recht kein Geld, so das Urteil.
Zwar ist das österreichische Recht mit dem deutschen sehr ähnlich, aber dort wird das anders gesehen. Ein Polizist, der im Einsatz von einem Zecken gebissen wurde und eine Lehrerin auf einem Schulausflug erhielten zugebilligt, dass es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
In Österreich hingegen wird selbst ein Wespenstich manchmal als Unfall angesehen und manchmal nicht: In Graz war ein Privatmann beim Rasenmähen von Erdwespen attackiert worden. Der Steirer erlitt einen anaphylaktischen Schock und lag daraufhin mehr als zwei Jahre im Wachkoma – bis er im Jahr 2013 starb.
Wespenstich
Die Familie forderte daraufhin 320.000 Euro aus seiner Unfallversicherung. Ein "Unfall ist ein vom Willen des Versicherten unabhängiges Ereignis, das plötzlich von außen mechanisch oder chemisch auf seinen Körper einwirkt und eine körperliche Schädigung oder den Tod nach sich zieht", hieß es im Versicherungsvertrag. Deshalb wies der OGH die Klage im Vorjahr ab.
Anders entschieden wurde bei einem Gerüster, der 2011 in einer oberösterreichischen Malerei arbeitete, die von Obstplantagen umgeben ist. Im Lager wurde er von einer Wespe gestochen und brach zusammen – er war sofort tot. Auch hier wollte die AUVA keine Zahlungen, wie etwa eine Waisenrente, leisten. Doch das sah der OGH anders – denn entscheiden sei hier, dass es während der Arbeitszeit zu dem Ereignis gekommen sei und nicht ob es sich um einen Unfall im engeren Sinne gehandelt hat.
Es macht also gravierende Unterschiede, von welchem Insekt man und wo genau angegriffen wird.
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