Jürgen Czernohorszky: Vermutlich stimmen alle drei Wörter. Dass sich das Klima wandelt, ist ja evident und gerade die Hitze ist das beste Beispiel dafür. Wandel hat eine deutlich harmlosere Bedeutung als das, was es eigentlich ist, eine Klimakrise. Lebensqualität in 10, 20, 30, 40 Jahren sicherzustellen, heißt, jetzt notwendigerweise zu handeln, weil es ums Überleben der Menschen geht.
Das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens erreichen wir nicht, es gab schwere Unwetter im Herbst, Überschwemmungen mit Hunderten Toten, verschüttete Dörfer in der Schweiz, riesige Waldbrände in Kanada.
Ich verwende da auch das Wort Katastrophe. Wir müssen dafür gerüstet sein. Es war noch nicht allen klar, wie maßgeblich und negativ die Auswirkungen der Klimakrise auf das Leben der Menschen sind.
Wissen Sie wie oft das Wort Klima in Ihrem Regierungsprogramm vorkommt?
Nein, aber sehr oft.
191 Mal, also im Schnitt auf jeder Seite einmal.
Das muss ich mir merken.
Katharina Roggenhofer vom Klimarat sagt aber, dass die Maßnahmen im Verkehrsbereich fehlen. Für die sind Sie als Klimastadtrat gar nicht zuständig. Hat die SPÖ das Thema falsch aufgestellt?
Nein, das glaube ich nicht. Wir ziehen an einem Strang. Der Ausbau der Radwegeinfrastruktur findet in einer Größenordnung statt, die es noch nie gab.
Experten sagen, der Bau der S1 und des Lobautunnels sind aus Sicht des Klimaschutzes nicht vertretbar. Wie kann man als Klimastadtrat das Projekt unterstützen?
Die Verantwortung für das überregionale Straßennetz liegt auf Bundesebene. Der Minister kennt die Situation in Wien sehr gut und damit auch die Notwendigkeiten im Norden der Stadt. Er wird mit den Expertinnen und Experten alle Studien prüfen, um dann seinen Plan vorzulegen. Die Zeit sollte man ihm einräumen.
Sind Sie für den Bau?
Wir haben als Millionenstadt eine radikale Schere zwischen einem sehr guten Modal-Split in der Stadt und einem richtig großen Transit- und Pendlerproblem rund um die Stadt.
Wien bezeichnet sich als Klima-Musterstadt. Im internationalen Vergleich zu Städten wie Paris, Barcelona, Kopenhagen oder Utrecht, liegt Wien weit zurück.
Woran machen Sie das fest?
An der Reduzierung des Autoverkehrs in der Stadt.
Schauen Sie sich die Zahl der Autobahnringe um Paris an und die Zahl der Parks, den Grünraum. Wenn, dann müssen wir alle Parameter vergleichen.
Aber ist Paris nun für Sie als Klimastadt ein Vorbild?
Paris ist eine Stadt, mit der wir uns sehr eng austauschen, etwa bei der Konzeption unserer Klimateams. Paris hat sehr, sehr gute Erfolge bei der Kommunikation der Notwendigkeit der Verkehrswende erzielt. Wir müssen uns viele Städte zum Vorbild nehmen, aus Amsterdam, Zürich und Winterthur lernen wir etwa, wie es möglich ist, den Narrativ einer kreislauforientierten, also ressourcenschonenden Stadt, aufzunehmen. Die Kreislaufwirtschaft wird das große Thema in der kommenden Legislaturperiode sein.
Und die Gartenstraßen? Paris macht echte 500, sie haben in Wien nicht einmal ein Ziel festgeschrieben. Oder ist das auch Verkehr?
Das Thema raus aus dem Asphalt ist eine gemeinsame Großaufgabe der beiden Ressorts. Wir wollen eine andere, neue und für die Zukunft resiliente Form der Stadtplanung machen. Gartenstraßen sind ein Teil davon.
Als das Klimagesetz beschlossen wurde, hat es die Opposition als zahnlos kritisiert. Wo hat dieses Gesetz diese Zähne, um die Klimaziele erreichen zu können?
Klimaziele sind für uns nicht nur eine Option, alle konkreten Werkzeuge, die Steuerung unserer Ziele, unserer Programme sind gesetzlich festgeschrieben. Das Klimabudget ist ein mächtiges Steuerungswerkzeug. Wir können als Stadt nicht nur sagen, wie viel Euro Projekte kosten, sondern auch, welchen Effekt sie auf die Minimierung unseres Treibhausgasbudgets haben. Das Gesetz ist eine Garantie, dass wir Klimaziele nicht verschieben können, dass wir sie ernst nehmen und dass wir deren Umsetzung zu unserer Selbstverständlichkeit machen. Wir dürfen hier nicht in Legislaturperioden oder politischen Konstellationen denken. Wir haben Zeit bis 2040 und können nur gemeinsam liefern, es gibt keine Alternative.
Geothermie ist ein Thema für die Stadt und soll viel lösen. Sind Sie sicher, dass uns das weiterhelfen wird?
Sehr. Unsere Großwärmepumpen bei der Kläranlage schaffen jetzt schon die klimaneutrale Versorgung von 54.000 Haushalten und 2027 werden es 112.000 sein. Und mit der Tiefengeothermie, die 2027 startet, kommt die gleiche Größenordnung an Haushalten, die mit klimaneutraler Energiewärme versorgt werden können, dazu.
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