Innsbruck: Neues "Haus der für Physik" für Zeilingers Erben

Rainer Blatt steht am Dienstag vor dem Viktor-Franz-Hess-Haus am Campus Technik der Universität Innsbruck, die das Gebäude nach dem in den 1930er-Jahren in der Landeshauptstadt tätigen Nobelpreisträger benannt hat.
Blatt ist einer jener Spitzenforscher, die ab den 1990er-Jahren dazu beigetragen haben, dass sich Innsbruck weltweit für ihre Pionierarbeit in der Quantenphysik berühmt gemacht hat. Sein prominentester Weggefährte: Anton Zeilinger, der viele jener Arbeiten, für die er 2022 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, im Viktor-Franz-Hess-Haus durchgeführt hat.
Nicht mehr zeitgemäß
„Die Bedingungen, die wir derzeit haben, sind adaptiert an das Gebäude, das in den 1970er-Jahren geplant wurde. Die Anforderungen an die Wissenschaft sind heute ganz anders“, sagt Blatt, der unter anderem für wegweisende Experimente zur Entwicklung von Quantencomputern bekannt ist, mit Blick auf eine Baugrube vor seiner langjährigen Wirkstätte zum KURIER.

Rainer Blatt forscht seit den 1990er-Jahren in Innsbruck
Am Rande dieser Baugrube erfolgte am Dienstag der Spatenstich für das „Haus der Physik“. „Exzellenz braucht Raum“, erklärte Uni-Rektorin Veronika Sexl.
Die speziell in Quantenphysik, Ionenphysik und Astrophysik international erfolgreichen und damit stetig wachsenden Physikinstitute der seien aktuell am Campus verteilt und sollen nun an einem Standort vereint werden. Auf einer Fläche von 28.000 Quadratmetern sollen neue Hörsäle und Labore die Platznot lindern, aber auch die Forschungsarbeit erleichtern.

Bürgermeister Johannes Anzengruber, BIG-Geschäftsführerin Christine Dornaus, Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner, Rektorin Veronika Sexl und Landeshauptmann Anton Mattle (v.l.) beim Spatenstich für das neue Haus der Physik.
Die lebt in der Quantenphysik unter anderem von präzisen Messungen, die von Schwingungen außerhalb der Labore abgeschirmt sein müssen. Eine Störquelle hat Blatt schon vor Jahren im Starten und Landen von Flugzeugen am direkt angrenzenden Airport Innsbruck ausgemacht.
„Wir mussten immer improvisieren“, erzählt er über das Arbeiten an Experimenten unter solchen Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahrzehnten.
Feinere Messungen
Im „Haus der Physik“ sollen die Wissenschafter dann frei von derartigen Problemen forschen können. „Wir müssen neue Experimente machen und neue Türen öffnen. Das geht nur, wenn wir etwas feiner messen können“, sagt der 72-jährige Physiker, der das Projekt über 20 Jahre hinweg maßgeblich mit vorangetrieben hat und entsprechend stolz ist.
„Das wird der Grundstein für eine gute Physik in den nächsten 50 bis 100 Jahren sein“, so Blatt.

Diese werde „noch einen Quantensprung nach oben machen“, zeigte sich Christine Dornaus Geschäftsführerin der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) überzeugt. Das Unternehmen der Republik errichtet den Universitätsbau um 230 Millionen Euro.
Die würden in Bildung, „in einen Rohstoff von Tirol“, investiert, erklärte ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle. „Das ist einer der wenigen Bodenschätze, die wir noch haben.“
Land verzichtet aufs Bauen
Das Land Tirol hat rund um den Jahreswechsel, wie berichtet, sein größtes Projekt für den Bildungsstandort nach Jahren von Planungen und Pannen abgesagt. Das Management Center Innsbruck (MCI) bekommt keinen neuen Campus, wird weiterhin auf mehreren Standorten in Innsbruck verteilt bleiben.
Der Finanzbedarf für den Neubau war Ende 2023 auf 250 Millionen Euro kalkuliert worden. Viel Geld in Zeiten knapper Budgets. Zuletzt war noch überlegt worden, der BIG das Projekt und damit das Bauherrenrisiko sowie die Finanzierung zu übergeben. Letztlich zog Mattle aber einen Schlussstrich unter das Vorhaben.
BIG baut schon wieder
Die BIG baut nun wiederum innerhalb kürzester Zeit ein zweites großes Gebäude für die Universität. Das Anfang diesen Jahres eröffnete Agens-Heller-Haus kostete bei etwas weniger Nutzfläche, als beim MCI veranschlagt wurde, 81,4 Millionen Euro.
Das „Haus der Physik“ wird fast doppelt so groß, wie die privaten Hochschule geplant war und trotzdem billiger. Finanziert wird es freilich von der Republik. Die BIG geht in Vorlage und erhält ihre Investitionen durch vom Wissenschaftsministerium übernommenen Mieten retour.
„Das ist Infrastruktur, die Spitzenforschung ermöglicht“, sagte Eva-Maria Holzleitner (SPÖ), die an ihrem ersten offiziellen Tag als „Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung“ ihren ersten Spatenstich setzte.
Das neue Gebäude, in dem „hochsensible Labore auf vier Ebenen entstehen werden“, sei auch Symbol für die Bedeutung der Wissenschaft in unserer Gesellschaft, so die Ministerin.
Mit Leben erfüllt, sprich in Betrieb gehen, soll dieses Symbol 2028. Seminar- und Praktikumsräume, Büros und Laborflächen sowie ein zweistöckiger Hörsaal für 300 Personen sind vorgesehen. Das Haus der Physik soll Raum für 500 Mitarbeiter und 850 Studenten bieten – die geistigen Erben von Zeilinger und Blatt gewissermaßen.
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