In 87 Tagen um die halbe Welt

Harald Sedlacek in seiner "Nussschale" aus Vulkanfaser.
Der 32-jährige Harald Sedlacek überquerte nonstop und allein in einem Miniboot den Atlantik.

87 Tage lang auf nur 1,5 Quadratmeter Lebensraum. Mutterseelenallein. Auf hoher See. Hungrig. Kränklich. Und müde, schrecklich müde.

Diese Tortur hat der 32-jährige Wiener Harald Sedlacek, Sohn des bekannten Extremseglers Norbert Sedlacek, hinter sich. Er hat sie allerdings freiwillig hinter sich gebracht. Der Segler wollte den Atlantik in einem nicht einmal fünf Meter langen Miniboot überqueren. Allein und nonstop. Und er hat es geschafft.

Nach 87 Tagen und 50 Minuten erreichte er am Sonntag mit seinem „Fipofix“, das zur Gänze aus Vulkanfaser gebaut ist, Palm Beach in Florida. Der 32-Jährige ist somit der erste Segler weltweit, der den Nordatlantik in einem Boot der 16-Fuß-Klasse (4,9 Meter) von Kontinent zu Kontinent überquert hat – und zwar einhand, nonstop und ohne Hilfe von außen.

Mehr als 5100 Seemeilen (knapp 9500 Kilometer) hat Sedlacek in knapp drei Monaten zurückgelegt. Gestartet war der 32-Jährige am 16. Jänner in der nordspanischen Hafenstadt Gijón, Sonntagabend erreichte er Palm Beach.

Angst

„Es gab viele Momente, in denen ich mich allein und völlig am Ende fühlte und Angst hatte“, gibt Sedlacek zu. In diesen Momenten half nur der Gedanke, „dass das Material hält. Das gibt viel Kraft und Motivation“. Und wenn selbst das nichts mehr genützt hat? „Dann hab ich meinen Vater übers Satellitentelefon angerufen und ihn um Rat gefragt.“ Dank seiner Erfahrung schaffte es Sedlacek senior immer, den Sohnemann wieder mental auf Kurs zu bringen.

Grund zur Verzweiflung hatte der 32-Jährige oft. Ursprünglich wollte er die Überquerung in 40 Tagen hinter sich bringen. Doch schon unmittelbar nach dem Auslaufen zwangen ihn Winterstürme und Wetterkapriolen zu ständigen Kurswechseln, technische und gesundheitliche Probleme brachten ihn an seine Grenzen. Der Autopilot fiel aus, teilweise auch die Ruderanlage. Die Folge: Sedlacek musste das Boot über die ganze Strecke selbst steuern und somit nahezu die gesamte Törndauer völlig ungeschützt im offenen Cockpit verbringen. Rund 20 Stunden am Tag war er, permanent durchnässt, am Steuer, den lebensnotwendigen Schlaf holte er sich beim Powernapping zwischendurch.

1100 Kalorien am Tag

Auch das Essen wurde gegen Ende der Fahrt knapp, sehr knapp. Kein Wunder, schließlich war Sedlacek fast doppelt so lange wie geplant unterwegs. Zuletzt musste er sich mit 1100 Kalorien am Tag begnügen – in Form von Trockenobst und Nüssen. „Dazu habe ich jeden Tag vier bis fünf Liter Trinkwasser händisch gepumpt.“

Doch die Strapazen waren schon am Montag vergessen. „Jetzt freue ich mich, dass ich am Ziel bin und wieder festen Boden unter den Füßen habe“, sagt Sedlacek. „Auch wenn sich alles um mich herum bewegt, so als ob man betrunken ist. Und es ist ungewohnt, wieder Leute um mich zu haben und mit ihnen zu reden.“ Nach der Ankunft wollte Sedlacek nur „in trockenes, salzfreies Gewand schlüpfen, schlafen und essen bis zum Platzen“, am Abend „kommt mein Vater und wir trinken ein Glaserl Sekt“.

Am 22. April kehrt Sedlacek nach Wien zurück – allerdings nicht für lange. Bereits am 18. Mai will der Extremsportler erneut mit seinem Mini-Boot auslaufen – diesmal hat er vor, den Atlantik auf der Nordroute von West nach Ost zu überqueren. Wieder in „Fipofix“. Wieder wochenlang auf nur 1,5 Quadratmetern. Wieder allein.

Warum tut man sich so eine Tortur (so schnell wieder) an? „Aus Neugier. Und aus Abenteuerlust. Es waren harte Zeiten dabei, aber auch wunderschöne.“

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