Honigtopf ist heuer halb leer

Imker Horst Hametner aus Bad Zell im Mühlviertel: „Ich bin froh, dass meine Bienen gesund sind“
Bienen mehrmals vom Regen gebremst. Ernteeinbußen von bis zu 70 Prozent.

Gestern vor dem Gewitter waren sie noch grantig, aber heute sind sie freundlich." Horst Hametner geht behutsam zu einem seiner Bienenstöcke, nimmt die Abdeckung weg und legt ein in Nelkenöl getränktes Tuch auf. "Das macht sie milde", erklärt der Bio-Imker aus Bad Zell im Mühlviertel. Der 70-Jährige trägt keine Schutzkleidung, gegen Bienenstiche ist er längst immun. Dann zieht er gekonnt den ersten Holzrahmen aus dem Stock. "Da haben wir fast keinen Honig, doch das wird in der Mitte besser", murmelt er. Tatsächlich sind die Waben auf der nächsten Platte schon teilweise verdeckelt, an vielen Stellen schimmert feucht der Honig. Und mittendrin: Dutzende von Bienen. "Du kannst ruhig den Finger reinstecken und kosten, die tun dir nichts."

Der Waldhonig direkt aus der Wabe schmeckt süß und vertraut, ist aber nicht ganz reif. "Er enthält noch zu viel Wasser." Ende August will Hametner schleudern und abfüllen. Er muss sich allerdings auf eine magere Ernte gefasst machen. Sorgen seine 22 Bienenvölker üblicherweise für 800 Kilo Honig im Jahr, werden es heuer kaum mehr als 200 Kilo sein – eine Einbuße von mehr als 70 Prozent. Hametner ist damit nicht allein: Bei Imkern in ganz Österreich dürfte der Honigtopf nach der bevorstehenden Ernte bestenfalls halb gefüllt sein, beim Blütenhonig droht vielerorts sogar ein Totalausfall.

Abgeregnet

Schuld daran ist vor allem das Wetter. Der Winter war trocken und mild, im Frühjahr wurde es sehr schnell warm. Die Bienen kamen mit der Entwicklung der Vegetation kaum mit. Als sie dann im Mai ausfliegen wollten, wurden sie vom Schlechtwetter gestoppt. "Es hat zum Beispiel die gesamte Akazienblüte abgeregnet, da war für die Bienen fast nichts mehr zu holen. Auch beim Waldhonig schaut es derzeit nicht so gut aus. Aber ein bisschen Zeit haben wir noch", sagt Johann Gruscher, Präsident des österreichischen Imkerbunds. Gruscher, der im nö. Weinviertel seine Bienenstöcke stehen hat, will trotz allem nicht von einem Katastrophenjahr sprechen, gut laufe es heuer aber beileibe nicht.

In Tirol und in Kärnten hatten Imker mit der Faulbrut zu kämpfen, auch gesunde Völker drohten zu verenden. "Viele Kollegen mussten ihre Bienen aufpäppeln, weil sie sonst verhungert wären." Großteils wurde dafür Honig verwendet. Dort, wo die Lager schon leer geräumt waren, gab es Zucker für die Bienen. Nach einer solchen Notfütterung darf allerdings kein Honig mehr geschleudert werden.

Zu viel Chemie

Für Horst Hametner ist die schwache Ernte Nebensache. Der pensionierte Schulleiter ist froh, dass seine Bienen gesund sind. "Hier im Wald habe ich mein kleines Paradies, da ist auch die Gefahr niedrig, dass die Bienen ein Gift abbekommen." Auch wenn Neonicotinoide (Insektenvernichtungsmittel, Anm.) mittlerweile verboten sind, werde in der Landwirtschaft noch immer zu viel Chemie eingesetzt. "Das schadet ja nicht nur den Bienen. Ich habe zum Beispiel schon sehr lange keine Schwalbe mehr gesehen. Dafür muss es doch einen Grund geben."

Imkerei in Zahlen

660 Imker gibt es allein in Wien. In ganz Österreich sind es über 25.000 mit mehr als 312.000 Bienenvölkern. Tendenz: stark steigend.

500 Mio. Euro So hoch wird der Wert der Bestäubung geschätzt, den die Bienen jedes Jahr leisten.

23 Prozent Fast ein Viertel ihrer Bienenvölker haben die Imker in den USA im vergangenen Winter verloren. Als Ursache gelten Parasiten wie die Varroa-Milbe und der massive Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft.

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