Im Schulbuch lebt Udo Jürgens weiter
Aus Fehlern lernt man bekanntlich. So gesehen könnten Kärntens Dritt- und Viertklässler heuer im Sachunterricht jede Menge lernen, denn ihr Schulbuch strotzt geradezu vor Fehlern.
„Schatzkiste“ heißt das Sachunterrichtsutensil, das dieser Tage in einer eigenen Kärnten-Version an Tausende Volksschüler ausgehändigt wird. Es entpuppt sich aber als Sammelsurium an inhaltlichen Schnitzern und Tippfehlern.
Dass das Beachvolleyball-Turnier als eines der Kärntner Top-Events beschrieben wird, mag man noch verzeihen, fand es doch 2016, als die aktuelle Auflage gedruckt wurde, letztmalig in Klagenfurt statt. Aber die Kärntner Landesregierung hatte stets sieben Mitglieder. In der „Schatzkiste“ ist vom Landeshauptmann, seinen zwei Stellvertretern und zusätzlichen sechs Landesräten die Rede – macht neun Mitglieder und ist falsch.
Seen vertauscht
Bei der Auflistung der Täler in St. Veit wurde auf das Glantal komplett vergessen. Dafür lebt Udo Jürgens im Buch weiter, obwohl er bereits Ende 2014 verstorben ist. Im Fall des Herrn „Willhelm Hrudnigger“ ist Fantasie gefragt, um den Mundartdichter Wilhelm Rudnigger zu enttarnen. Und der Maler Herwig Böckl ist gestorben, bevor er geboren wurde: statt 1966 wurde das Todesjahr 1866 angegeben – dieses Kapitel „Berühmte Kärntner“ werden die Pädagogen bei der Mitarbeitskontrolle also wohl elegant umschiffen müssen. Dafür ist auf einem Bild mit Segelboot und See der Ossiacher See zu sehen, aber der Wörthersee angegeben.
Auf die Fehler aufmerksam wurde Landtagsabgeordneter Gerhard Köfer (Team Kärnten). Er bezeichnet das Werk als „Schund-Buch. Das Ministerium trägt Mitschuld an diesem Skandal, weil es das Buch per Bescheid als geeignet für Volksschulen erklärt hat.“
„Verlag ist Schuld“
Tatsächlich durchläuft jedes Schulbuch im Ministerium ein intensives Begutachtungsverfahren. „Die Kommission hat 2014 lediglich das Glantal übersehen. Udo Jürgens war im Manuskript gar nicht gelistet, alle Fehler wurden nachträglich vom Verlag eingearbeitet, das Wörthersee-Foto wurde getauscht. Auch hat es der Verlag verabsäumt, für seine Neuauflage entsprechende Aktualisierungen vorzunehmen“, heißt es aus dem Ministerium. Und weiter: „Wir haben den Verlag beauftragt, die Bücher zurückzurufen, sowie einen möglichst raschen Neudruck und die Auslieferung an die Schulen zu veranlassen. Auch wollen wir wissen, wie es zu diesem Zwischenfall kommen konnte und welche Schritte zukünftig seitens des Verlages gesetzt werden müssen, um derartige Vorfälle zu vermeiden.“
Eine KURIER-Anfrage an den Verlag mit Sitz in Wien sowie an den Mutterverlag mit Sitz in Braunschweig blieb unbeantwortet.
Kärntens Bildungsdirektor Robert Klinglmair hat indes das Lehrpersonal beauftragt, es möge bis zum Buchtausch die Schüler auf die fehlerhaften Passagen aufmerksam machen.
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