Holocaust-Zeitzeugin: "Ich wurde von der Hitlerjugend verprügelt"

Holocaust-Zeitzeugin: "Ich wurde von der Hitlerjugend verprügelt"
Die bekannte Psychoanalytikerin Erika Freeman sprach im Parlament mit Schülern über die Geschichte ihres Lebens.

„Nur weil dir jemand nicht glaubt, heißt es nicht, dass du nicht recht hast“, sagt Erika Freeman im Nationalratssaal. Laut einer aktuellen Studie glauben 40 Prozent der jungen Österreicher nicht, dass während des Nationalsozialismus sechs Millionen Juden umgebracht wurden.

Umso wichtiger seien heutzutage Gedenkveranstaltungen wie diese, erklärt Danielle Spera, die die bekannte Psychoanalytikerin interviewt.

Freeman wirkt nicht nervös, sie hat ihre Geschichte schon oft erzählt. Ausgeschaut habe sie mit ihren blonden Zöpfen damals nicht wie ein jüdisches Mädchen. „Jemand von der SS hat einmal zu mir gesagt, so soll ein deutsches Mädel ausschauen“, erzählt die Wienerin.

Flucht mit 12 Jahren

Trotzdem warteten damals Burschen der Hitlerjugend und Mädchen aus dem Bund Deutscher Mädel auf sie, um sie vor ihrer Schule abzupassen und zu verprügeln

Die Nase blutete, das Taschentuch war rot verschmiert – die größte Sorge von Freeman war aber, dass ihre Mutter etwas von dem Übergriff erfuhr.

Auch in anderen Bereichen des Alltags bekam Freeman die Auswirkungen des Nazi-Regimes zu spüren: „Ich habe auch im Chor gesungen, eigentlich Sopran. Aber weil ich Jüdin war, musste ich in der zweiten Reihe Alt singen“, schildert die Wienerin. 

Alleine mit dem Zug nach Holland

Mit zwölf Jahren musste das Mädchen fliehen. „Ich habe damals selber entschieden, zu Verwandten nach Amerika zu gehen. Allein bin ich mit dem Zug nach Holland gefahren und in die USA gereist“, erzählt sie.

Dort angekommen wollte ihr niemand glauben, dass Juden und Jüdinnen in Deutschland verfolgt wurden. „Sie schickten mich zum Psychiater.“ Und anschließend ins Waisenhaus. 

Mutter starb bei einem der letzten Bombenangriffe

Trotz widrigster Umstände gelang es Freeman, sich eine Karriere aufzubauen und zu einer international bekannten Psychoanalytikerin aufzusteigen. Ihre Mutter, die in Wien Hebräisch unterrichtet hatte, sollte sie nie wiedersehen. 

Sie starb bei einem der letzten Angriffe der Alliierten: Der Philipphof am Albertinaplatz wurde bombiert, dort hatte sich die Mutter von Erika Freeman versteckt. Ihrem Vater gelang es „wie durch ein Wunder“, vor den Nazis nach Schweden zu fliehen. Erika sah ihn Jahre später in New York wieder.

Hass empfindet Freeman, nach alldem, was sie erlebt hat, nicht. „Alles ist ansteckend, das Gute aber auch das Schlechte. Sei das Gute, mach dich gesund“, betont Freeman.

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