Hoffnung auf der Kinderkrebsstation: Stille Nacht – auf Ebene 9

Ein Mann mit Mundschutz umarmt ein junges Mädchen mit Mütze in einem Krankenhausbett.
Ein Achtjähriger bietet dem Krebs seine Stirn. Zu Weihnachten muss er jedoch mit seinem Vater im Spital bleiben.

Kurz nach 12 Uhr klopft es leise an seiner Tür. Es ist ein ihm sehr vertrauter Pfleger, der ihm vor dem Heiligen Abend noch eine kleine Aufmunterung vorbeibringt.

Ilion bedankt sich. Und er lächelt. Das Krokodil, das nun an einem Faden über seinem Bett schwebt, wird ihn bestmöglich bewachen, während der Medikamentenmix aus einer kleinen Plastikflasche in seinen Körper hineinrinnt.

Der Achtjährige verbringt die Weihnachtsfeiertage nur mit seinem Vater, getrennt von seiner Mutter und seiner jüngeren Schwester – auf einer Station im Wiener AKH, die Neuroonkologie genannt wird und auf Ebene 9 der Kinderklinik angesiedelt ist. Ja, Ilion kennt das AKH gut. Er wurde hier vor zwei Monaten operiert. Dabei wurde ein Tumor in seinem Gehirn entfernt. Jetzt möchte er die Metastasen im Kopf und im Rücken für immer loswerden.

Eine Ärztin mit Maske und weißem Kittel öffnet eine Tür.

Erste Therapieerfolge

„Seit 12 Uhr läuft der erste Block des zweiten Zyklus“, erläutert die am Heiligen Abend Dienst habende Fachärztin Chryssa Grylli. Die Rede ist von einer speziellen Chemotherapie, die erste Erfolge zeigt. Die Werte geben Anlass zur Hoffnung, der Bub freut sich über das Krokodil, und er freut sich auch über den Besuch von der Zeitung.

Wenn weiterhin alles gut geht, könnte im März mit der Strahlentherapie begonnen werden. So der Plan des ärztlichen Teams unter der Leitung von Professor Amedeo Azizi. Der sagt: „Bisherige Erfahrungen zeigen, dass damit etwa sieben von zehn jungen Patienten mit so einer Art von Tumor erfolgreich behandelt werden können.“

Ilions Vater kennt diese Prognose. Mehrfach bedankt er sich für die Unterstützung: „Was hier geleistet wird, das ist gewaltig. Wir wurden von Anfang an großartig betreut und in alle Entscheidungen immer eingebunden.“

Dennoch wird der gelernte Gärtner wohl auch in der Weihnachtsnacht kein Auge zumachen, still sein, um den Sohn ja nicht aufzuwecken, gleichzeitig aber auch die Unruhe in sich verspüren.

Was war das nur für ein Jahr! Im August musste sich sein Sohn zwei, drei Mal übergeben, nicht dramatisch, dennoch gingen die Eltern mit ihm zum Kinderarzt. Bald nach Schulbeginn klagte der Drittklassler plötzlich über Kopfschmerzen. Der Kinderarzt schickte ihn zum Augenarzt, der Augenarzt zeigte sich nach Ansicht der Magnetresonanzbilder besorgt.

Hoffnung auf der Kinderkrebsstation: Stille Nacht – auf Ebene 9

Längst kennt Ilions Vater alle Fachausdrücke: „Ehrlich gesagt hätte ich mir diese Erfahrung gerne erspart. Doch wir haben jetzt keine andere Wahl. Wir als Familie haben diesen Kampf angenommen.“

Die Diagnose der Ärzte im AKH war zunächst niederschmetternd: Ein Tumor im Gehirn des Sohnes, dazu schon Metastasen vom Kopf bis hinunter ins Rückenmark. Doch nach dieser schlechten Nachricht folgten andere, sie gaben Anlass zur Hoffnung.

Ilions Vater sagt heute: „Ich habe mit allem gerechnet, aber nicht damit. Wobei ich bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht wusste, dass es so eine Krankheit gibt.“

Ilion selbst ist an diesem Weihnachtsabend guter Dinge. Er freut sich über all die Nachrichten und Spiele auf seinem Mobiltelefon, und er weiß auch schon, was er einmal werden möchte: „Profifußballer beim FC Bayern München, weil die gewinnen öfters als Real Madrid.“

Sein Vater sagt leise: „Er kämpft, er ist so tapfer, ich bin stolz auf meinen Sohn. Und ich bin zuversichtlich, dass wir diese schwierige Zeit gemeinsam durchstehen.“

Vier Krankenschwestern mit Masken stehen in einem Krankenhausflur mit Tierballons.

Dienst an den Menschen

Bald ist die kleine Flasche leer und das Medikament verabreicht, nur die Spülungen werden die ganze Nacht hindurch weiterlaufen. Regelmäßig sieht daher Personal bei Ilion nach dem Rechten.

Auf der Station ist es still geworden. Nur sieben der 18 Betten sind über Weihnachten belegt. „Bisher ist es uns im Team immer gelungen, wenigstens eine halbe Stunde Weihnachten zu feiern“, erzählt Ärztin Chryssa Grylli, ehe sie ein Anruf aus der Notaufnahme ereilt.

Wenn alles gut verläuft, dann darf Ilion am Samstag für ein paar Tage nach Hause.

Ein Zettel mit der Aufschrift „Auf Wiedersehen!“ hängt an einem Holzschrank.

Kommentare